31. Dezember 2007

Leben

Liebe Freunde und Leser,

das Blog ist 1 Jahr alt geworden, ich setze meine Tradition aus dem letzten Jahr fort und wünsche Euch allen nur schönste Emotionen, wundervolle Erlebnisse für das Jahr 2008! Seid zufrieden und nehmt vom Leben alles, was Euch glücklich macht!

Ballett-Stück, choreographiert von Maurice Béjart zum Lied von Jacques Brel "Quand on a que l'amour"

P.S. Für all diejenigen von Euch, die sich als Vorsatz für das nächste Jahr das Erlernen von Französisch oder Italienisch vorgenommen haben, ist hier ein kleiner sinnlicher und lyrisher Einblick in beide Sprachen:

- Französisch zwischen den Hügeln der Venus (die einzelnen Kapitel anklicken)
- Italienisch zwischen den Hügeln der Venus

20. Dezember 2007

My foolish heart

Bill Evans Trio - My Foolish Heart
(Bill Evans, Chuck Israels, Larry Bunker in Stockholm, 1964)

18. Dezember 2007

Pfirsichzweig

Ungarische Lyrik, in deutscher Übersetzung. Etwas, was mir früher völlig unbekannt war und mich auf einmal sehr berührte.

Sándor Rákos (1921-1999)
PFIRSICHZWEIG

Wie du dich fliehend an mich schmiegst mit offnem Haar und unbedeckt,
so schwankend wie ein Pfirsichzweig, der zitternd sich
im Sturme streckt.

Die Schulter bebt, das Hügelpaar der kleinen Brüste ängstigt sich,
drängt zueinander, und erstickend legt
dein Atem sich auf mich.

Perlmutterfarben wogt und hat in meinen Fingern Strom entfacht
dein Lendenspiel, und Funkenregen sprühn
durch diese Sommernacht.

Dein Rock fällt, wie ein Vorhang fällt, verschwunden ist die Welt und schweigt,
Dich biegt der Wind, und wimmernd bricht dein Halt -
mein Pfirsichzweig.
(Übersetzt von Heinz Kahlau)


Endre Ady (1877-1919)
GIB MIR DEINE AUGEN

Du sollst mir deine Augen geben,
Ich will sie ins Gesicht mir setzen
Und mich an meiner Pracht ergötzen.

Du sollst mir deine Augen geben,
Den blauen Blick, der immer baut
Und mild verschönert, was er schaut.

Du sollst mir deine Augen geben,
Die brennen, töten, und begehren,
Die mich in ihrer Sicht verklären.

Du sollst mir deine Augen geben.
Wenn ich dich liebe, lieb ich mich,
Um deinen Blick beneid ich dich.
(Übersetzt von Geza Engl)



Zoltán Nadányi (1892-1955)
MARIANNE IM BADE

Was hat aus frommem Traume
mich aufgeschreckt heut früh?
Kreischend im Nebenraume
die Wasserleitung schrie!

Ach, in der Badewanne
- dämmerte es mir schwach –
lärmt wieder mal Marianne!
Und schon war ich ganz wach.

Ein Bad macht sich die Schöne
da hinter meiner Tür,
mit möglichst viel Gedröhne
verkündet sie es mir.

Jetzt schließt sie ab die Türe,
jetzt sperrt sie zu den Hahn...
Das Weib will mich verführen!
Kein Zweifel ist daran.

Mit Badetuchgewedel
versucht sie's weiter dann.
Ganz wirr wird mir im Schädel.
Sie fängt zu plätschern an.

Jetzt steigt sie in die Wanne
und denkt sich zweifellos:
Ich hört's und weiß, Marianne
ist jetzt ganz nackt und bloß.

Sie taucht noch nicht gleich unter,
reizt meine Phantasie,
mir vorzustell'n wie munter
Schaum spielt um ihre Knie,

wie sie den hübschen, drallen
Körper nun unverwandt
beschaut mit Wohlgefallen
im Spiegel an der Wand.

Jetzt mag sie mich belauschen,
herüber dringt kein Laut,
nur ein ganz zartes Rauschen:
sie streichelt ihre Haut

Zu gerne möcht sie wissen,
ob schon geglückt ihr Plan.
Ich wälz mich in den Kissen
und reiß ein Streichholz an.

Schon hör ich's wieder rauschen,
gleichwie zur Antwort mir.
Geheime Zeichen tauschen
wir derart durch die Tür.

Und weiter treibt's der Racker,
dreht an den Hähnen rum,
planscht in der Wanne wacker
und rührt das Wasser um.

Seltsam wird mir zumute!
Heißt liebe dies Gefühl?
Treibt sie mit kaltem Blute
nicht nur mit mir ihr Spiel?

Jetzt, jetzt, jetzt wirft Marianne
ins Wasser sich! Ich hör,
das Wasser in der Wanne
wallt wie im Sturm ein Meer!

Ich hör die Wanne dröhnen.
Plötzlich tritt Stille ein.
Es klicksen von den Hähnen
nur Tröpfchen noch hinein.

Ich seh sie schweigend liegen
mit angezognen Knien,
der Muschel gleich sich wiegen
im Wasser her und hin.

Jetzt, ohne sich zu regen,
mag sie zur Tür wohl sehn
und listig überlegen,
was weiter könnt geschehn.

Sie weiß, daß diese Türe
ganz Ohr und Auge ist.
Ob ich mich auch nicht rühre,
sie sinnt auf neue List.

Jetzt tröpfelt's in die Wanne,
Musik scheint's wie Stakkat.
Das sagt mir, daß Marianne
sich aufgerichtet hat.

Die Seife aus der Schale
nimmt sie und seift sich ein.
Das schmatzt, als gäb Signale
sie mir mit Arm und Bein,

als flüsterten die Hände
geheimnisvoll mir zu:
Wer mich jetzt sieht, der fände
mich wunderbar wie du!

All ihre Reize flüstern:
Na, komm, na, komm doch her!
Mein Gott, mein Gott, so lüstern
war ich schon lang nicht mehr!

Verlockend ruft mich leise
ein jedes rosige Glied,
und stets auf andre Weise.
Weiß nicht, wohin mich's zieht!

Mein Herz pocht wie im Fieber.
Hört sie es durch die Tür?
Sie lacht gewiß darüber,
spielt Blindekuh mit mir.

Nein, nein, ich hör sie stöhnen,
sie gibt sich einen Kuß!
Was tu ich mit der Schönen?
Werd ich verrückt zum Schluß!

Ich halt mir zu die Ohren!
Was hilft's? Ich hör, ich hör!
Mein Gott, ich bin verloren,
kann's nicht ertragen mehr!

Jetzt braust die Dusche nieder,
hüllt ein das süße Weib,
umschmeichelt Brust und Glieder,
den ganzen rosigen Leib!

Ich hör, ich hör ihn singen,
mit keckem Überschwang
empor zum Himmel klingen
seinen Triumphgesang.
(Übersetzt von Martin Remané)


Einige interessante Links:

- Junge ungarische Literatur: http://www.literatur.hu
- http://www.hungarianquarterly.com
- Ungarisch - ein goldener Käfig?

27. November 2007

Keren Ann

Keren Ann - La Forme et Le Fond (Album: Nolita) (Lyrics)



Über die Sängerin: http://www.kerenann.com/
Mehr Lieder

Ich lade dich ein

Noch ein wenig Hilde Domin (1909-2006):

Liebster, ich lade dich ein,
komm in das Haus unsrer Wünsche
und häng deinen Hut an die Wand,
den Hut mit dem kleinen Schußloch.
Denn ich habe das Haus
ganz nach deinem Befehle gebaut.
Es ist alles darin, was wir brauchen.
Der blaue Himmel der Tropen,
die leichte Luft von Madrid,
doch ohne den lästigen Wind, der
dir die Papiere zerzaust.
Die Zimmer sind im gobelinweichen Grün
der Hänge von Heidelberg gestrichen.
Ich geb dir die alte Brücke als Bett
mit einer Lastexmatratze darauf.
Es riecht nach den Glyzinien
der Via Monte Tarpeo,
Marc Aurel ist wieder unser Portier.
Des Abends vergoldet die Sonne den Tiber,
dann singt uns die Nachtigall am Palatin.
Danach gehen wir in die Kammerspiele,
in die Scala oder Old Vic,
oder sehn den großen Barrault,
ob Paris ihn gerade mag oder nicht.
Du hast immer Zeit,
und es fällt dir was ein, wenn du Zeit hast.
(Die Schreibmaschine kopiert von allein,
völlig geräuschlos, versteht sich.)
Und was du schreibst,
wird im ersten Monat gedruckt
und sofort darauf rezensiert
und gefällt dir und den andern, und das mit Recht,
denn es ist bahnbrechend, einfach und gut
und zur richtigen Stunde gesagt. -
Und für die Flauten schreibt Händel
dir neue Concerti Grossi,
weil du die alten schon kennst,
und der tote Busch dirigiert.
Dann ißt du gebratene Enten
und Frühlingssalat aus Florenz.
Wir spülen nie. Die Teller
werfen wir zum Fenster hinaus,
wie in Rom in der Neujahrsnacht.
Sei unbesorgt, sie fallen
niemand auf den Kopf,
denn unten ist keine Straße.
Deswegen ist's auch so ruhig,
und nichts stört deinen Schlaf
(und morgens bleibt dir nie
ein weißes Haar an der Bürste).
Dabei sind die Oper und das Kino
mit ausgewähltem Programm
gleich um die nächste Ecke,
und dort stehen auch die Museen.
Die frühen Kulturen sind gut vertreten,
die fernöstliche Sammlung ist exquisit,
und ein Wiener Cafe in der Nähe.
Dort sehen wir rasch die Zeitungen durch,
sie sind, wie immer,
empörend interessant,
nur ist alles viel weiter weg.
Wir lesen mit kopfschüttelndem Entsetzen,
wie die Schwalben vom Himmel fallen
nach den Atomexplosionen
auf einer anderen Erde.
Dann gehn wir nachhause, und du schläfst Siesta,
und für mich steht bei der Terrasse ein Baum
mit dem unentbehrlichen grünblauen Muster.
Wir arbeiten viel,
und wir lachen noch mehr,
und wir haben reizende Gäste
- wer käme nicht gern in das Haus? -
denen liest du in allen Sprachen,
am liebsten auf deutsch,
das Geschriebene vor.
Dann fahren wir zusammen zu Martha Graham
oder zum Negerballett von Port-au-Prince,
oder machen einen kurzen Mondscheinspaziergang
in den Löwenhof der Alhambra.
Der Briefträger, mein Herz, kommt pünktlich
zum Frühstück,
gleich nach dem blauweißen Gruß
der kleinen Möwen über der See,
und bringt Liebesbriefe von deinem Verleger
und Angebote von Stellen, die du nicht brauchst.
Denn du hast, was du wünschst,
und du tust, was du magst.
Und du tobst nur ganz selten,
damit ich behalte, wie gut du es kannst,
und bist viel geduldiger als sonst.
Liebster, nimm deinen Hut von der Wand,
den Hut mit dem kleinen Schußloch,
und geh auf ein Wohnungsbüro, ich bitt dich,
und sieh,
was sie uns anbieten können.
Sonst stürz ich mich noch aus dem Fenster
dieses Hauses, das es nicht gibt.
Und das Fenster, glaub mir, ist hoch.

Morgens mit einer Katze

Ich will dich

Eine junge Kölner Filmemacherin drehte einen Dokumentarfilm über eine der grössten deutschen Lyrikerinnen Hilde Domin: „Ich will dich - Begegnungen mit Hilde Domin“ und erschuf ein sehr intimes Porträt.


Film-Trailer
Gedichte und Biographie von Hilde Domin sind hier.
Verbleibende Kinotermine.
Pressemappe
„Durch Zufall stößt die 26jährige Filmemacherin Anna Ditges in einer Buchhandlung auf Hilde Domins ersten Gedichtband mit dem Titel ‚Nur eine Rose als Stütze’. Zutiefst bewegt von der Kraft und Klarheit der lyrischen Sprache der Domin, nimmt sie Kontakt zu der 95jährigen auf. Mit ihrer Kamera und einem Strauß Rosen macht sie sich auf den Weg nach Heidelberg, wo die Dichterin nach Jahren des Exils ein neues Zuhause gefunden hat.
Das Kennenlernen der beiden verläuft überraschend: Die Grande Dame der deutschen Nachkriegsliteratur, von Journalisten gefürchtet wegen ihrer Unzugänglichkeit und Arroganz, empfängt die junge unbekannte Filmemacherin mit Wohlwollen und Neugier. (…)
Der Film ‚Ich will dich – Begegnungen mit Hilde Domin’ eröffnet einen subjektiven, sehr konkreten Zugang zur Person und zum künstlerischen Schaffen der Dichterin.
Der Zuschauer erlebt mit, wie sich die alte Dame an die Gesellschaft der jungen Frau gewöhnt: Schritt für Schritt verliert sie ihre anfängliche Kamerascheu und gewinnt Vertrauen.
Wichtige Stationen im Leben von Hilde Domin werden im Film erinnert und durch Zitate aus ihrem lyrischen Werk, ihren Prosatexten sowie den Fotografien aus ihren privaten Alben gegenwärtig gemacht: die Kindheit als Jüdin in Köln, die Studienzeit in Heidelberg, die Flucht vor Hitler und die folgenden 22 Jahre im Exil, die Rückkehr ins Nachkriegsdeutschland, der späte Ruhm. Allgegenwärtig in Domins Alltag wie im Film ist Erwin Walter Palm, die große Liebe ihres Lebens und ebenfalls ein Dichter. Er starb 1988, doch sein Name steht weiterhin auf dem Klingelschild. Wenn Hilde von Erwin spricht, erfährt der Zuschauer viel über sie selbst: Wunde Punkte wie die Rivalitäten in ihrer langjährigen Ehe, ihre Kinderlosigkeit und ihre Einsamkeit im Alter kommen zur Sprache.
Heimat, Identität, Liebe, Verlust – zentrale Themen in Domins Gedichten, die auch der Film aufgreift. (…) In Hilde Domins Schilderungen offenbaren sich zwiespältige Empfindungen und private Katastrophen, von denen die Dichterin nie zuvor gesprochen hat.(…)“ Weiter lesen


20. November 2007

While my guitar gently weeps

Aus dem "Concert for George"
"Eric Clapton rief und alle kamen: am 29. November 2002 versammelten sich viele Weggefährten des einem Jahr zuvor verstorbenen George Harrison in der Londoner Royal Albert Hall, um einem der größten Popmusiker des 20. Jahrhunderts ein bewegendes musikalisches Denkmal zu setzen.

Mit dabei: Paul McCartney, Ringo Starr, Anoushka Shankar, Joe Brown, Tom Petty, Jeff Lynne, Bill Preston, Dhani Harrison, Sir George Martin u. a.(...)"mehr

Ich kann es mehr, als nur empfehlen, sich diese DVD anzusehen.
Zwei Stücke daraus:

Eric Clapton, Paul McCartney, Ringo Starr, Sohn von Harrison und andere spielen George Harrison's "While My Guitar Gently Weeps"


I look at you all see the love there that's sleeping
While my guitar gently weeps
I look at the floor and I see it needs sweeping
Still my guitar gently weeps
I don't know why nobody told you how to unfold your love
I don't know how someone controlled you
They bought and sold you.

I look at the world and I notice it's turning
While my guitar gently weeps
With every mistake we must surely be learning
Still my guitar gently weeps
I don't know how you were diverted
You were perverted too
I don't know how you were inverted
No one alerted you.

I look at you all see the love there that's sleeping
While my guitar gently weeps
Look at you all...
Still my guitar gently weeps.

My Sweet Lord

15. November 2007

Etwas für die Ewigkeit


Gyula Juhász (1883-1937)

Die Jahre kamen und vergingen, du
Entschwandest langsam meinem Sinn. Dein Bild
In mir verblaßte, und entfallen sind mir
Der Bogen deiner Schultern, deine Stimme.
Ich ging im immer tiefern Wald des Lebens
Dir nicht mehr nach. Ich spreche deinen Namen
Schon ganz gelassen aus und scheue mich
Nicht mehr vor deinem Blick. Denn heute weiß ich,
Daß du nur eine unter vielen warst,
Nur Jugendtorheit, die vergeht. Und dennoch
Glaub nicht, mein Herz, dies alles sei umsonst
Gewesen und vergangen, glaub es ja nicht.
Denn du bist da, wenn mir der Schlips verrutscht,
Wenn ich irrtümlich grüße, mich verspreche,
Du bist in jedem Brief, den ich zerreiße,
In meinem ganzen fehlgeschlagnen Leben,
Du lebst und herrschst in ihm für ewig. Amen.

(Übersetzt von Géza Engl)


Der Name des Gedichtes war zu meiner Überraschung: „Anna ist ewig“. Es hat mich getroffen, wie keins zuvor, und bedeutet mir viel.
Eure Ann - nur Jugendtorheit...

Herbst - Gedichte

* * *
Denk nicht, dass du mich hast,
Wenn ich dir sage: "Ich bin deine!"

Das bin ich mit dem Herzen und dem Kopf.

Doch Seele meine und Bekleidung ihre
- meinen Körper -
Sie zu gewinnen ist kein leichtes Schaffensstück.

Wird's dir gelingen, mich in Gefühlen zu ertränken?

Mich aus der Dunkelheit zu führen in das Licht?

Wenn ja, dann öffne Welt mir deine, fühle.
Wenn nicht, dann geh und lasse mich zurück.


* * *
Verbinde mir die Augen,
Damit ich deine dann nicht sehe.

Damit nicht sie mich fesseln, sondern du.

Du - deine Stimme, Zärtlichkeit und Wärme.
Wenn ich dich wieder sehe,
Bin ich für immer rein, unschuldig, wieder jung.


* * *
Ich bin nicht schön, bin nicht die Mutigste, die Stärkste.
Bin nur ich selbst in meiner Ehrlichkeit und Schmerz.

Beobachte die Anderen in ihrer Welt, geb' ihnen meine Güte.

Und freue mich auf das der Fremden Glück und weiter leb'...


Herbst 2007

6. November 2007

Tenderly Summertime

Ein schöner, sentimentaler und ganz feinfühlieger Trickfilm “The Tender Game” von John Hubley und Faith Elliott. Ella Fitzgerald singt dabei "Tenderly", begleitet von the Oscar Peterson Trio, 1958



Tenderly
The evening breeze
Caressed the trees tenderly
The trembling trees
Embraced the breeze tenderly
Then you and I came wandering by
And lost in a sigh were we
The shore was kissed by sea
And mist tenderly
I can't forget how two hearts
Met breathlessly
Your arms opened wide
And closed me inside
You took my lips,
You took my love so tenderly

Unvergleichbar... Ella Fitzgerald und Louis Armstrong: Gershwin's "Summertime":



Summertime
Summertime,
And the livin' is easy
Fish are jumpin'
And the cotton is high

Your daddy's rich
And your mamma's good lookin'
So hush little baby
Don't you cry

One of these mornings
You're going to rise up singing
Then you'll spread your wings
And you'll take to the sky

But till that morning
There's a'nothing can harm you
With daddy and mamma standing by

Summertime,
And the livin' is easy
Fish are jumpin'
And the cotton is high

Your daddy's rich
And your mamma's good lookin'
So hush little baby
Don't you cry

1. November 2007

Herbstlich

Wieder ist es Zeit für "Autumn leaves". Erneut möchte ich gar nicht, dass der Herbst seine Macht hier weiter ausbreitet und den Winter herbeiruft. Es gibt aber keine andere Wahl, als wieder auf den geliebten, süssen, leichtsinnigen, unerklärlichen Frühling zu warten...

"Herbst? Warum nicht"

"Mit diesen Worten aus einem Brief Rilkes an seine Frau Clara beginnt der Band "Rilke Herbst", welcher Anfang September im Insel Verlag erschienen ist. Rilke macht Lust auf den Herbst...(...) auch mit seinen vielen Briefen. So führt er seinen Brief an Clara weiter:
"denn ich will den Herbst! Ist es nicht, als wäre er das eigentlich Schaffende, schaffender denn der Frühling, der schon gleich ist, schaffender, wenn er kommt mit seinem Willen zur Verwandlung und das viel zu fertige, viel zu befriedigte, schließlich fast bürgerlich-behagliche Bild des Sommers zerstört? Dieser große herrliche Wind, der Himmel auf Himmel baut; in sein Land möchte ich gehen und auf seinen Wegen." Link

Zum Buch bei amazon.de

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
(R-M Rilke (1875-1926)


Ich zähle die Regentropfen an den Zweigen,
sie glänzen, aber sie fallen nicht,
schimmernde Schnüre von Tropfen
an den kahlen Zweigen.
Die Wiese sieht mich an
mit großen Augen aus Wasser.
Die goldgrünen Weidenkätzchen
haben ein triefendes Fell.
Keine Biene besucht sie.
Ich will sie einladen
sich an meinem Ofen zu trocknen.
Ich sitze auf einem Berg
und habe alles,
das Dach und die Wände,
das Bett und den Tisch,
den heißen Regen im Badezimmer
und den Ofen mit löwenfarbener Mähne,
der atmet wie ein Tier
oder ein Mitmensch.
Und die Postfrau
die den Brief bringen würde
auf meinen Berg.
Aber die Weidenkätzchen
treten nicht ein
und der Brief kommt nicht,
denn die Regentropfen
wollen sich nicht zählen lassen.
(Hilde Domin (1909-2006))

L’Origine du monde

Heute erschien bei Welt online ein sehr interessanter Artikel über die in Grand Palais in Paris noch bis zum 28. Januar 2008 stattfindende Ausstellung "Courbet".

Wenn ich hier das Bild von Gustave Courbet (1819-1877) „Der Ursprung der Welt“ (L’Origine du monde) aus dem Jahre 1866 veröffentliche, dann wird es meine Art der direkt – verdeckten, offensichtlich - verschwommenen Erotik allerdings sprengen, daher verlinke ich es lediglich, und jeder kann es sich in Ruhe anschauen und darüber nachlesen.

Gustave Courbet malte die nackten Tatsachen

„Mitte des 19. Jahrhunderts war er der Provokateur mit dem Pinsel: So nackt und ungeschminkt wie Gustave Courbet hatte vorher niemand Frauen auf der Leinwand dargestellt. Eine große Ausstellung im Pariser Grand Palais feiert den Meister des Realismus.(…)

Ein Gigant. Ein Genie. Hier eine Welle, da ein Steinbruch, dort ein Stillleben, bisweilen auch eine Nackte. So wie man Gustave Courbet in den meisten Museen in limitierter Auswahl präsentiert bekommt, so wenig wird das Einzelwerk diesem zarten Kraftmenschen des Realismus gerecht.

Das Pariser Grand Palais präsentiert erstmals seit 30 Jahren in Frankreich dieses erstaunliche Werk mit 120 Bildern und Grafiken in seiner verblüffenden Breite. Und lädt, so wie einst Gustave Courbet zu seiner spektakulären Gegenausstellung zum Salon, in einen Staunen machenden "Pavillon des Realismus". (…)

Wollüstige Freundinnen beim Liebesspiel

Er malte freilich später noch einen anderen "Ursprung der Welt", so schamlos und dabei so delikat, dass sich, als dieses Bild eines weiblichen Torsos, der die Beine spreizt, erst vor 1995 aus dem Privatbesitz des Psychoanalytikers Jacques Lacan für das Orsay-Museum erworben wurde, immer noch Entrüstung breit machte.

"Die nackteste Nackte der Welt" wurde das pelzige Dreieck, einst die Bestellung eines orientalischen Erotomanen, genannt, an dem man so gar nicht vorbeischauen kann.

Im Grand Palais wurde es in eine rote Rotunde gehängt, dahinter rekeln sich wollüstig die beiden "Freundinnen" im Liebesspiel, gegenüber gibt es pornografische Stereofotografien hinter Gucklöchern zu sehen. (…)

"Mit meiner lachenden Grimasse, die ihr kennt, verberge ich im Inneren einen Kummer, eine Bitternis und eine Traurigkeit, die sich ins Herz gräbt wie ein Vampir." Courbet war ein Manipulator, aber auch ein Einzelgänger - künstlerisch, sozial, familiär."mehr


Revolution

90 Jahre sind seit der Revolution in Russland vergangen. Arte widmet sich diesem Ereignis und den Folgen der Grossen Oktoberrevolution bis in das heutige Russland unter Putin.

Der rote Tag im Kalender

RUSSISCHE REVOLUTIONEN

1917 – Die Russische Revolution • Dokumentation Mittwoch • 7. November • 20.40

1917 – Die Russische Revolution • Themenabend Sonntag • 11. November • 20.45

Die vergessene Revolution und ihre Kinder • Themenabend Freitag • 16. November • 22.25

Die Gräfin und die Russische Revolution • Dokumentation (Geschichte am Mittwoch) • 21. November • 20.40

Mehr dazu hier und hier.

29. Oktober 2007

Frau sein

Ab dem 08. November läuft im Kino ein Film, den ich mir sehr gerne anschauen würde. Ich habe auf ihn gewartet. Die Grundlage dazu - ein berühmtes Buch der israelischen Autorin, das mir vor einigen Jahren im gewissen Sinne gezeigt hat, wozu eine Frau fähig ist, was sie empfinden kann und was es bedeutet, leidenschaftlich, grenzenlos, weiblich zu sein, zu leiden und zu lieben.

Liebesleben (IL/D, Regie: Maria Schrader, Buch: Zeruya Shalev)

"Die Liebe macht uns nicht blind, sondern sehend."

Film-Trailer
"Eigentlich hat Jara (NETTA GARTI) alles: Sie ist glücklich verheiratet, hat beste Aussichten auf eine Karriere an der Universität, lebt in einer schönen Wohnung und kann sich auf ihre Familie verlassen, die trotz einiger Schwierigkeiten zusammenhält. Doch als sie dem viele Jahre älteren Arie (RADE SHERBEDGIA) begegnet, einem Freund ihres Vaters, gerät ihre heile Welt vollkommen aus den Fugen: Sie verfällt seiner faszinierenden erotischen und widersprüchlichen Anziehungskraft. Neugierig und lebenshungrig wirft sie sich in den Strudel einer amour fou, die alle Dämme ihrer bisherigen Existenz niederreißt. Dabei erkennt sie nicht nur, dass ihre Eltern (TOVAH FELDSHUH und STEPHEN SINGER) ein Geheimnis hüten, zu dem Arie der Schlüssel ist. Sondern auch, dass keine Liebe, kein Mann allein ihr Leben bestimmen dürfen..."Link
Ich bin eine Frau.

Mohnblumen

Der Sommer ist nie vorbei. Man muss nur an die Wärme, an die Blumen denken und er ist wieder da, in meinem Kopf, im Herzen und in mir.



Alfonso Reyes
Mohnblume, rotes Mohngesicht,
täusche mich, aber lieb mich nicht.
Wie du übertreibst mit deinem Duft,
wie du das Rot deiner Schminke strahlst
und dir die Augen blau untermalst
und Seele aushauchst in die Luft!
Mohnblume, rotes Mohngesicht!
Es gab eine, die sah aus wie du,
wenn sie rot wurde, so wie du dich stellst,
und dann, weshalb du mir auch gefällst,
sie hatte schwarze Wimpern wie du.
Mohnblume, rotes Mohngesicht!
Es gab eine, die sah aus wie du ...
und ich zittre heimlich bei der Idee,
daß ich deine Hand noch in meiner seh.
Mir wird Angst, wenn das so weitergeht,
daß auf einmal ein Mädchen vor mir steht.

Bilder sind im Urlaub in Dänemark entstanden.

Mein Nichts Bedeutendes

***
Ich bin für dich nicht frei,
Mein lieber Jüngling.
Denn bin vergeben bis ans End.
Du kannst mich nehmen, aber wisse:
Ich hab Geliebte, die mit mir hier leben,
Die zu verjagen du nie schaffst,
Auch wenn du hart drum kämpfst.
Die eine heißt Musik, die andere - die Sonne.
Die dritte – Lyrik und die vierte - Malerei.
Die letzte ist mir ganz die aller Liebste –
Sie heißt Freiheit…
In ihr erlebe ich die Ruhe und Unruhe.
Ich bin für immer ihre und sie - mein.


***
Mit einer Anderen verbringst den Alltag,
Mit zweiter Anderen gehst du zu Bett.
Ich bleibe für die Stunden in den Träumen
In einem ungesprochenen Gebet.


***

Besetzt, beschäftigt, zu,

Vergeben und nicht mein,Tabu.

***
Du liebst eine Andre,
Du triffst sie heut Nacht.
Ich schweig immer weiter,
Wie lange noch, sag…


Was bedeutet es für dich
Was bedeutet es für dich,
Wenn ich dich berühre.
Denkst du dann an sie?
Denkst du auch an mich,
Wenn du sie in Händen hieltest.
War es gut für dich?
Drängt dein Puls nicht an die Grenzen,
Wenn ich dich dann kost'.
War es für dich deutlich besser,
Dass du mit mir schweigen konntest?
Dann vergiss es schnell und liebe sie.

September-Oktober 2007

28. Oktober 2007

Tel Aviv - Bauhaus und mehr

Einige Bilder der Tel Aviv’er Architektur aus den 30-er Jahren: http://www.interart.co.il/bauhaus/
“(…)Tel Aviv has the largest collection of buildings built in the International Style, anywhere in the world. Bauhaus architecture flourished in Tel Aviv (as elsewhere in the country) in the 1930’s due in great part to the fact that 17 former Bauhaus students, worked locally as architects.


Arieh Sharon, Dov Carmi, Zeev Rechter, Pinchas Hueth, Josef Neufeld, Genia Averbuch Richard Kauffmann and Erich Mendelsohn are just some of the architects, who contributed to the local abundance of Bauhaus architecture. Sharon, (no relation to the current prime minister)was known for his cooperative workers’ dwellings in Tel Aviv, work on many of the country’s hospitals and his early beginnings in kibbutz Gan Shmuel. Averbuch is best known because in 1934, at 25, she won second prize (no first prize was given), in the competition to design Dizengoff Circle, in memory of Zina Dizengoff, Meir Dizengoff’s wife. While Mendelsohn designed the private residence of the country’s first president, Dr. Chaim Weizmann.(…)” mehr

„Eine Gartenstadt mit europäischem Chic sollte Tel Aviv werden, als 1909 mit dem Bau begonnen wurde, ein billigerer Vorort für die arabische Hafenstadt Jaffa, deren Bevölkerung im 19. Jahrhundert rasant anstieg. Nach wiederholten Angriffen arabischer Mobs zogen grosse Teile der jüdischen Bewohner nach Tel Aviv, ab 1930 kamen auch Tausende europäische Immigranten dazu, viele von ihnen Architekten der Bauhaus-Schule Dessau und Berlin. So entwickelte sich ab 1930 Tel Aviv zu einer eigenständigen Stadt, rasend schnell wachsend, ohne städtebauliche Traditionen, die hätten berücksichtigt werden müssen – und so kommt es, dass sich hier die vielleicht weltweit grösste Konzentration an Bauhaus-Gebäuden findet und die Stadt generell einem gigantischen Architektur-Spielplatz gleicht. Da wurden alle Teile aus dem Bauhaus-Baukasten verwendet. Natürlich: Die Häuser muten gewohnt funktional, rational, technisch, sogar politisch an – man spürt die Idee einer sozialistisch-egalitären Demokratie dahinter –, und doch ist der Effekt, verbunden mit dem ebenso unleugbaren Einfluss orientalischer Spielfreude, auch einfach sehr amüsant.
http://www.dasmagazin.ch/index.php/Gelobte_Stadt
(Aus achgut.com: „Dieses Jahr in Tel Aviv“)

“(…) Obwohl architekturgeschichtlich falsch, wurden die Bauten mittlerweile auch von cleveren Tourismusmanagern entdeckt, die nun den "Bauhaus"-Stil als Touristenattraktion bewerben. In eine einheitliche Schublade passen die Entwerfer und ihre Bauten hingegen nicht: Vom Berliner Expressionismus über die Weimarer-Schule bis zur Dessauer Bauhaus-Strenge reichen die Einflüsse: Mendelsohns Eleganz wurde ebenso kopiert wie Bruno Tauts Ideen des Neuen Bauens, De Stijls kubistische Schachtelräume oder Le Corbusiers freie Erdgeschosse und die auf Säulen stehenden Häuser.
Hinter "Bauhaus"-Fassaden zu wohnen, ist heute wieder schick in Tel Aviv, obwohl die meisten Häuser in erbärmlichem Zustand sind. Um den Wohnraum zu vergrößern, haben viele Mieter ihre Terrassen leider zugebaut und somit vor allem die Fassaden verschandelt. Aber abgerissen werden die Bauten der Moderne in Tel Aviv kaum noch. Erste Gebäude sind inzwischen wieder topsaniert – mit städtischen oder privaten Geldern.“ mehr

„Bauen für eine bessere Welt
Tel Aviv ist die Bauhaus-Stadt. Lange blühte dieser Schatz nur im Verborgenen. Das Bauhaus Center hat geholfen ihn zu heben. Jetzt ist die Architektur der Moderne mit ihrer sozialen Botschaft wieder in.(…)weiter lesen

Ein schönes Video einer Sendung auf arte: „Sommer, Sonne, Strand. Tel Aviv“

10. Oktober 2007

Give me the words

Wieder kehre ich zu Nouvelle Vague zurück, über die ich bereits im Januar schrieb. Die Musik ist viel zu schön und mich ergreifend, um dazu gar nichts zu sagen. Ich glaube, mittlerweile weiß ich, was ich doch beim Aufwachen am Morgen zu dieser Musik gerne tun würde, werde es aber immer noch nicht verraten... Ich würde mein Leben neu beginnen...

2007 kam eine neue CD raus, doch diese zwei Lieder entstammen ihrem Erstlingswerk.

Nouvelle Vague - In a manner of speaking...
In a Manner of speaking
I just want to say
That I could never forget the way
You told me everything
By saying nothing

In a manner of speaking
I don't understand
How love in silence becomes reprimand
But the way that i feel about you
Is beyond words

Oh give me the words
Give me the words
That tell me nothing
Ohohohoh give me the words
Give me the words
That tell me everything

In a manner of speaking
Semantics won't do
In this life that we live we only make do
And the way that we feel
Might have to be sacrified

So in a manner of speaking
I just want to say
That just like you I should find a way
To tell you everything
By saying nothing.

Oh give me the words
Give me the words
That tell me nothing
Ohohohoh give me the words
Give me the words
That tell me everything

Oh give me the words
Give me the words
That tell me nothing
Ohohohoh give me the words
Give me the words
That tell me everything

Inkognito in Berlin (Teil 2)


Noch einige Momente meiner Restzeit in Berlin im Spätsommer.

Bild: Berlin, Fernsehturm

Berlin hinterließ auf mich zu meinem begeisterten Eindruck, den ich als Touristin empfand, auch ein Gefühl der Ratlosigkeit, wenn die Gebäude im Regierungsviertel überhaupt nicht größenmäßig zu der Stadt gepasst hatten. Das waren gigantische Bauten, die so aussahen, als ob sie in der Wüste stehen würden. Besonders der Hauptbahnhof. Er steht tatsächlich, wie in der Wüste, denn um ihn herum ist alles leer, auch wenn es modern und schön ist. Leere Moderne... Spontan kam aus mir die Phrase: „Wo sind denn diese schönen kleinen deutschen putzigen Häuschen?“ Mein Begleiter antwortete mit Sarkasmus, dass als es kleine putzige Häuschen gab, benahmen sich die Deutschen in Europa, wie Giganten der Todesmaschinerie. Vielleicht würde es jetzt ihnen psychologisch helfen, wenn sie in diesen von Größenwahnsinn getriebenen Gebäuden regiert werden, als Ausgleich, und sie würden nie zu ihrer Vergangenheit neigen… Interessante Überlegungen…

Obwohl der Größenwahnsinn hatte auch zu der Zeit des 3. Reiches eine Rolle in der Architektur gespielt. Ich lasse jetzt dies jedoch beiseite und widme mich einfach der Stadt.

Bild: Blick zum Brandenburger Tor

Bild: Die Parlamentsbibliothek

Ja, ich habe es getan, ich ging zum Berliner Zoo. Meine Freundin nahm mir das Wort ab, dass ich nicht zurück kommen dürfte, wenn ich ihr nicht das Bild von Knut mitbringe. Gut, ich gebe es zu, ich mochte die Braunbären noch bevor es Knut gab, und so lernte ich auch andere Artgenossen kennen. Das Traurigste waren die Affen. Es gab da manche, die mit sehr ähnlich dem menschlichen Ausdruck eine unglaubliche Traurigkeit hinter der Glasscheibe in ihren Augen hatten. Ich konnte sie nicht länger anschauen, ohne dass mein Herz sich zusammen knotete.

Später am selben Tage ging ich endlich dahin, was eins der Hauptziele meiner Reise war. Ich wollte die französischen Impressionisten erleben, in der Neuen Galerie. Es war wunderschön. Minutenlang stand ich mit dem angehaltenen Atem vor den Bildnissen von Monet und sah das Wasser bei ihm tatsächlich schimmern und sich bewegend; ich war fasziniert von einem "Stillleben mit Äpfeln und Primeln" von Cezanne und auch von den blauen „Schwertlilien“ Van Goghs. Als ich durch die ganze Ausstellung bereits geschlendert war, kehrte ich nochmals um, um vor diesen auserwählten Bildern nochmals zu stehen und sie in mein Gedächtnis einzuprägen. Dies war unbeschreiblich.

Bild: Die Philarmonie

An einem der Tage ging ich zum Treptower Park zum Sowjetischen Ehrenmal. Da liegen die Überreste von 7.000 sowjetischen Soldaten, die in den Kämpfen um Berlin gefallen waren. Als ich zwischen zwei Monumenten der knienden Soldaten durchkam, schaute ich direkt zum Denkmal des sowjetischen Soldaten mit dem kleinen geretteten deutschen Mädchen auf dem Arm. Man sah es bereits im Gehen dahin, erst jetzt aber eröffnete sich die ganze erdrückende Größe. Es gab da auch andere Besucher. Ich erkannte russische, auch jüdische Gesichter, die russische Sprache. Natürlich war es ein zweispuriges Gefühl, als ich die Steintreppe nach unten kam und an den Denkmal-Sarkophagen vorbeiging: Die letzten beinhalteten zusammen mit den im Stein abgebildeten Motiven des Großen Vaterländischen Krieges Zitate von Stalin. Ich war ganz still, ging weiter, an jedem vorbei, bis ich zu dem Denkmal-Koloss kam. Ich empfand aber trotz Stalin Traurigkeit und meine innere Nähe zu diesem Ort. Vielleicht wegen meines Vaters, vielleicht wegen aller Opfer, wegen des Landes, aus dem ich stamme. Ich suchte nach dem Friedhof und fand keins. Erst später, als ich bereits fort war, habe ich gelesen, dass ich doch die ganze Zeit am Friedhof war. Denn die Überreste fanden ihre Ruhe in sieben Massengräbern, die heute mit grünem Gras oben bewohnt sind und oben drauf die Lorbeer-Kränze sie schmücken.

Bild: Die Besucher schauen sich die Denkmal-Sarkophage an

Ein anderes Denkmal, das ich zum ersten Mal betrachtete, war das Denkmal für die ermordeten Juden Europas. Es geschah ganz unerwartet für mich, als es vor mir erschien. Es war bereits ein später Abend und ich wusste nicht so genau, wo ich mich in der Finsternis befand. Auf einmal sah ich es vor mir und blieb einfach stehen. Tagsüber macht es bestimmt auch einen nicht so düsteren Eindruck, aber nachts befand ich mich auf einem Friedhof. Es ist auch nichts anderes als Friedhof. Ich könnte keines der Steine berühren, könnte auch nicht dazwischen gehen, denn ich empfand auf einmal einen rasenden Schmerz in der Brust und musste weg, um genug Luft zu bekommen, obwohl ich unter freiem Himmel war. Ich weiß, ich bin anders, was es angeht.

Im Gedächtnis ist mir noch natürlich der Besuch im Museum für Naturkunde geblieben mit dem größten in der Welt Dinosaurier-Skelett eines Brachiosaurus brancai. Es gab sehr viele Kinder, die mit den offenen Mündern da herumstanden. Mir haben die Computeranimationen und Erklärungen sehr gut gefallen, da sie das Leben zu den Zeiten der lebenden Dinosaurier beschrieben und sie dadurch zum Leben erweckten. Man konnte z. B. sehen, wie schnell sich die Saurier im Vergleich zu einem Menschen bewegt und was sie gefressen hatten. Es war unerwartet süß und überraschend, dass kleine Jungs, die noch nicht richtig sprechen konnten, das Wort "Brachiosaurus" ohne Probleme ausspuckten.

Das letzte und das schönste Ereignis, das bei mir immer noch eine schöne Erinnerung hervorruft, war das unerwartete Tanzen unter freiem Himmel an der Spree. Ich ging durch die Straße und hörte auf einmal Tangoklänge, kam näher, und mir eröffnete sich etwas Fabelhaftes. Ich schaute nach unten, zum Ufer; in einer Freiluft-Bar, zugänglich den Augen aller Vorbeigehenden, aller Passanten, bewegten sich die Paare zum Tango… Ich stand wie verzaubert da. Am nächsten Tag nahm ich Abschied von Berlin.
Bild: Tango in Berlin
Bilder: W.L.