14. Januar 2007

Außer Atem

Zu dieser Musik würde ich an einem kalten Morgen am liebsten… Hm, was würde ich denn am liebsten tun? Das weiß ich noch nicht so richtig und verrate daher noch nicht…



Der Cover-Song "Dance With Me", der mit diesem Filmausschnitt kombiniert wurde, ist auf der CD "Nouvelle Vague. Bande à Part" enthalten. Der Film heißt genau so, "A bande à part" ("Außenseiterbande") (1964), und stammt von grossem Meister Jean - Luc Godard. Weitere Lieder kann man außerdem hier hören. Am Ende des Beitrags ist noch ein Lied zum Genießen.
"Vibraphon, viel gestrichenes Schlagzeug, gezupfte Gitarre, Tamborim, Cabasa, Triangel, Rassel ... - und französischsprachige Sängerinnen, die an der englischen Aussprache scheiternd, sehnsuchtsvoll-wehmütig klingen: Versionen, als hätte man die Originale nie gehört." standard.at
"Als Nouvelle Vague, was auf englisch „New Wave“ oder portugiesisch „Bossa Nova“ heißt, transformiert das Duo seine Lieblingssongs der Spät-Siebziger und Früh-80er in eine Parallelwelt, in der Chansons, Bossa Nova, Latin oder Jazz den Rhythmus vorgeben. Dort wird natürlich nicht in Doc Martins mit einer Kanne Bier Pogo getanzt, das Sicherheitsnadel-Piercing bewundert oder in kollektive Schwarzkittel-Depressionen verfallen. Dort wird leichtbekleidet geschunkelt, elegant getanzt, Kaffee und coole Drinks geschlürft." Weiter
NV in den Filmen:
"Nouvelle Vague, zu deutsch Neue Welle, ist die Bezeichnung für eine Stilbewegung, die im Frankreich der späten 50er Jahre erstmals auftauchte. Junge Regisseure, die meisten davon mit Erfahrung als Filmkritiker, wandten sich gegen die zunehmende Verbiederung der Filme und die formale wie inhaltliche Vorhersehbarkeit im damaligen Kino.
Zu den wichtigsten Vertretern gehörten François Truffaut ("Sie küssten und sie schlugen ihn", 1959; "Schießen Sie auf den Pianisten", 1959), Louis Malle ("Zazie", 1960), Jean-Luc Godard ("Außer Atem", 1959), Jacques Rivette ("Die Nonne", 1965) und Eric Rohmer ("Meine Nacht mit Maud", 1968).
Als erster Film dieser neuen Welle wird allgemein Claude Chabrols "Die Enttäuschten" von 1958 angesehen.
Die Filme waren gekennzeichnet durch ein Desinteresse an klassischen Erzählstrukturen, durch neuartige Schnittechnik und eine gewisse Vorliebe für ungewöhnliche, zum Teil surrealistische Bilder. Sie entstanden nicht in gut ausgestatteten Studios, sondern "auf der Straße" und mit Handkameras. Oft stand das "Filmische" an sich im Zentrum der Reflexion. So ist Malles "Zazie" nicht nur ein Film über eine zwölfjährige Göre, die unbedingt mit der Metro fahren will, sondern in viel stärkerem Maße ein Abriß von damals sieben Jahrzehnten Filmgeschichte: Slapstick und Experimentalkino unter einen Hut gebracht.
Die Nouvelle Vague hatte ihre beste Zeit in der ersten Hälfte der 60er Jahre, dann ebbte sie langsam ab. Die Regisseure gingen entweder im gehobenen Mainstream auf (Truffaut), wiederholten sich endlos selbst (Rohmer) oder zogen sich ins Hinterstübchen zurück, um hemmungslos herumzuexperimentieren (Godard).
Der Einfluß, den die Nouvelle Vague bis heute besitzt, kann kaum hoch genug eingeschätzt werden. Der Jump-Cut etwa, bei Godard und Malle noch Mittel der optischen Provokation, ist heute aus dem Kommerzkino und dem Werbespot nicht mehr wegzudenken." Quelle

"Aus einer ästhetischen Bewegung wurde 1968 eine politische, als Truffaut und Godard sich den Mai-Unruhen anschlossen und den Abbruch des Festivals von Cannes erzwangen." Welt

Außer Atem

Ich muss den Film "Außer Atem" (1960) von J-L Godard einfach sehen. Meine liebe französische Filmkunst ist an mir bis jetzt an dieser Stelle irgendwie vorbei gegangen.

„... I see no difference
between movies and
life. They are the same.”
(J-L Godard)

Er (Jean-Paul Belmondo), Sie (Jean Seberg).

Jumpcuts, die früher als Schnittfehler galten, werden hier als Stilmittel eingesetzt, während die Beiden miteinander im Hotelzimmer sprechen, philosophieren, streiten, miteinander schlafen. Neue Schnitte, Veränderungen, die aber die Handlung nicht unterbrechen. Mal nackt, im nächsten Augenblick angezogen.

Er will alles und weiß nicht, was; er liebt sie und weiß gleichzeitig nicht, was es bedeutet. Sie ist gerne mit ihm, sie redet mit ihm, sie schläft mit ihm gerne, will ihn aber doch nicht so fest haben.

"Durch all dies wirkt der Film übrigens halbdokumentarisch, als ob ein mal rasender, mal etwas ruhigerer Filmreporter eine Person in Paris mit der Kamera verfolgen würde." Eine sehr gelungene Kritik und unglaublich bestürzende Beschreibung des Films und des Stils der Filmkunst kann man auf www.filmstarts.de lesen.

Wie der Zufall es will, las ich vor kurzem in der FAZ (Weihnachtsausgabe) einen Artikel von C. Seidl über die Rolle der Zigaretten in der Filmkunst. Ich selbst Nichtraucherin fand diesen Artikel sehr anziehend.

Es ging natürlich wieder um Godards "Außer Atem", das Foto im Artikel war aus derselben Szene, wie dieses hier. Beschriftet wurde es mit:

Die Zigarette danach ist die Zigarette davor...
Es ging um Folgendes:
Dem Nichts ein Stückchen näher
Rauchen wird verboten, das Zeitalter der Zigarette erlischt: Eine Kultur löst sich in Luft auf

"(...)Was wohl Jean-Paul Belmondo dazu inspiriert hat, in der schönsten Szene von "Außer Atem" auf Jean Sebergs Faulkner-Zitat, auf den Satz nämlich "Vor die Wahl gestellt zwischen dem Leiden und dem Nichts entscheide ich mich für das Leiden", ganz erregt zu antworten: Nein, das sei Quatsch, ein fauler Kompromiß. Er, Belmondo, würde sich immer für das Nichts entscheiden. Das ist die Antwort eines Rauchers, der (ganz ohne östliche Spiritualität und Nirwana-Seligkeit dafür zu brauchen) am besten weiß, daß das große Nichts ja zugleich der Grund und das Ziel des Rauchens ist (weshalb man den Nichtraucher Friedrich Nietzsche schon für sein Gedicht "Ecce Homo" zum Raucher ehrenhalber ernennen muß).
Die Szene oben läuft naturgemäß auf Sex hinaus, und danach steckt Belmondo sich eine filterlose an, bläst, sehr sanft, den Rauch in Richtung von Jean Sebergs Schulter, Rücken, Hüfte; die Zigarette danach füllt die Leere zwischen den Körpern aus - und man sieht, was man, solange dort geraucht wurde, eigentlich immer im Kino gesehen hat: Die Kunst des Rauchens ist erfunden worden, damit der Atem (darf man eigentlich sagen: und somit auch das Wesen?) des Menschen sichtbar werde. Erinnert sich noch jemand daran, daß Liebende früher einander Rauch ins Gesicht geblasen haben? Heute gilt so etwas als Körperverletzung. (...)"

Weitere Infos: Nouvelle Vague auf Deutschlandfunk, Jean Luc Godard



Nouvelle Vague Band "Don't go"

Keine Kommentare: