27. November 2007

Keren Ann

Keren Ann - La Forme et Le Fond (Album: Nolita) (Lyrics)



Über die Sängerin: http://www.kerenann.com/
Mehr Lieder

Ich lade dich ein

Noch ein wenig Hilde Domin (1909-2006):

Liebster, ich lade dich ein,
komm in das Haus unsrer Wünsche
und häng deinen Hut an die Wand,
den Hut mit dem kleinen Schußloch.
Denn ich habe das Haus
ganz nach deinem Befehle gebaut.
Es ist alles darin, was wir brauchen.
Der blaue Himmel der Tropen,
die leichte Luft von Madrid,
doch ohne den lästigen Wind, der
dir die Papiere zerzaust.
Die Zimmer sind im gobelinweichen Grün
der Hänge von Heidelberg gestrichen.
Ich geb dir die alte Brücke als Bett
mit einer Lastexmatratze darauf.
Es riecht nach den Glyzinien
der Via Monte Tarpeo,
Marc Aurel ist wieder unser Portier.
Des Abends vergoldet die Sonne den Tiber,
dann singt uns die Nachtigall am Palatin.
Danach gehen wir in die Kammerspiele,
in die Scala oder Old Vic,
oder sehn den großen Barrault,
ob Paris ihn gerade mag oder nicht.
Du hast immer Zeit,
und es fällt dir was ein, wenn du Zeit hast.
(Die Schreibmaschine kopiert von allein,
völlig geräuschlos, versteht sich.)
Und was du schreibst,
wird im ersten Monat gedruckt
und sofort darauf rezensiert
und gefällt dir und den andern, und das mit Recht,
denn es ist bahnbrechend, einfach und gut
und zur richtigen Stunde gesagt. -
Und für die Flauten schreibt Händel
dir neue Concerti Grossi,
weil du die alten schon kennst,
und der tote Busch dirigiert.
Dann ißt du gebratene Enten
und Frühlingssalat aus Florenz.
Wir spülen nie. Die Teller
werfen wir zum Fenster hinaus,
wie in Rom in der Neujahrsnacht.
Sei unbesorgt, sie fallen
niemand auf den Kopf,
denn unten ist keine Straße.
Deswegen ist's auch so ruhig,
und nichts stört deinen Schlaf
(und morgens bleibt dir nie
ein weißes Haar an der Bürste).
Dabei sind die Oper und das Kino
mit ausgewähltem Programm
gleich um die nächste Ecke,
und dort stehen auch die Museen.
Die frühen Kulturen sind gut vertreten,
die fernöstliche Sammlung ist exquisit,
und ein Wiener Cafe in der Nähe.
Dort sehen wir rasch die Zeitungen durch,
sie sind, wie immer,
empörend interessant,
nur ist alles viel weiter weg.
Wir lesen mit kopfschüttelndem Entsetzen,
wie die Schwalben vom Himmel fallen
nach den Atomexplosionen
auf einer anderen Erde.
Dann gehn wir nachhause, und du schläfst Siesta,
und für mich steht bei der Terrasse ein Baum
mit dem unentbehrlichen grünblauen Muster.
Wir arbeiten viel,
und wir lachen noch mehr,
und wir haben reizende Gäste
- wer käme nicht gern in das Haus? -
denen liest du in allen Sprachen,
am liebsten auf deutsch,
das Geschriebene vor.
Dann fahren wir zusammen zu Martha Graham
oder zum Negerballett von Port-au-Prince,
oder machen einen kurzen Mondscheinspaziergang
in den Löwenhof der Alhambra.
Der Briefträger, mein Herz, kommt pünktlich
zum Frühstück,
gleich nach dem blauweißen Gruß
der kleinen Möwen über der See,
und bringt Liebesbriefe von deinem Verleger
und Angebote von Stellen, die du nicht brauchst.
Denn du hast, was du wünschst,
und du tust, was du magst.
Und du tobst nur ganz selten,
damit ich behalte, wie gut du es kannst,
und bist viel geduldiger als sonst.
Liebster, nimm deinen Hut von der Wand,
den Hut mit dem kleinen Schußloch,
und geh auf ein Wohnungsbüro, ich bitt dich,
und sieh,
was sie uns anbieten können.
Sonst stürz ich mich noch aus dem Fenster
dieses Hauses, das es nicht gibt.
Und das Fenster, glaub mir, ist hoch.

Morgens mit einer Katze

Ich will dich

Eine junge Kölner Filmemacherin drehte einen Dokumentarfilm über eine der grössten deutschen Lyrikerinnen Hilde Domin: „Ich will dich - Begegnungen mit Hilde Domin“ und erschuf ein sehr intimes Porträt.


Film-Trailer
Gedichte und Biographie von Hilde Domin sind hier.
Verbleibende Kinotermine.
Pressemappe
„Durch Zufall stößt die 26jährige Filmemacherin Anna Ditges in einer Buchhandlung auf Hilde Domins ersten Gedichtband mit dem Titel ‚Nur eine Rose als Stütze’. Zutiefst bewegt von der Kraft und Klarheit der lyrischen Sprache der Domin, nimmt sie Kontakt zu der 95jährigen auf. Mit ihrer Kamera und einem Strauß Rosen macht sie sich auf den Weg nach Heidelberg, wo die Dichterin nach Jahren des Exils ein neues Zuhause gefunden hat.
Das Kennenlernen der beiden verläuft überraschend: Die Grande Dame der deutschen Nachkriegsliteratur, von Journalisten gefürchtet wegen ihrer Unzugänglichkeit und Arroganz, empfängt die junge unbekannte Filmemacherin mit Wohlwollen und Neugier. (…)
Der Film ‚Ich will dich – Begegnungen mit Hilde Domin’ eröffnet einen subjektiven, sehr konkreten Zugang zur Person und zum künstlerischen Schaffen der Dichterin.
Der Zuschauer erlebt mit, wie sich die alte Dame an die Gesellschaft der jungen Frau gewöhnt: Schritt für Schritt verliert sie ihre anfängliche Kamerascheu und gewinnt Vertrauen.
Wichtige Stationen im Leben von Hilde Domin werden im Film erinnert und durch Zitate aus ihrem lyrischen Werk, ihren Prosatexten sowie den Fotografien aus ihren privaten Alben gegenwärtig gemacht: die Kindheit als Jüdin in Köln, die Studienzeit in Heidelberg, die Flucht vor Hitler und die folgenden 22 Jahre im Exil, die Rückkehr ins Nachkriegsdeutschland, der späte Ruhm. Allgegenwärtig in Domins Alltag wie im Film ist Erwin Walter Palm, die große Liebe ihres Lebens und ebenfalls ein Dichter. Er starb 1988, doch sein Name steht weiterhin auf dem Klingelschild. Wenn Hilde von Erwin spricht, erfährt der Zuschauer viel über sie selbst: Wunde Punkte wie die Rivalitäten in ihrer langjährigen Ehe, ihre Kinderlosigkeit und ihre Einsamkeit im Alter kommen zur Sprache.
Heimat, Identität, Liebe, Verlust – zentrale Themen in Domins Gedichten, die auch der Film aufgreift. (…) In Hilde Domins Schilderungen offenbaren sich zwiespältige Empfindungen und private Katastrophen, von denen die Dichterin nie zuvor gesprochen hat.(…)“ Weiter lesen


20. November 2007

While my guitar gently weeps

Aus dem "Concert for George"
"Eric Clapton rief und alle kamen: am 29. November 2002 versammelten sich viele Weggefährten des einem Jahr zuvor verstorbenen George Harrison in der Londoner Royal Albert Hall, um einem der größten Popmusiker des 20. Jahrhunderts ein bewegendes musikalisches Denkmal zu setzen.

Mit dabei: Paul McCartney, Ringo Starr, Anoushka Shankar, Joe Brown, Tom Petty, Jeff Lynne, Bill Preston, Dhani Harrison, Sir George Martin u. a.(...)"mehr

Ich kann es mehr, als nur empfehlen, sich diese DVD anzusehen.
Zwei Stücke daraus:

Eric Clapton, Paul McCartney, Ringo Starr, Sohn von Harrison und andere spielen George Harrison's "While My Guitar Gently Weeps"


I look at you all see the love there that's sleeping
While my guitar gently weeps
I look at the floor and I see it needs sweeping
Still my guitar gently weeps
I don't know why nobody told you how to unfold your love
I don't know how someone controlled you
They bought and sold you.

I look at the world and I notice it's turning
While my guitar gently weeps
With every mistake we must surely be learning
Still my guitar gently weeps
I don't know how you were diverted
You were perverted too
I don't know how you were inverted
No one alerted you.

I look at you all see the love there that's sleeping
While my guitar gently weeps
Look at you all...
Still my guitar gently weeps.

My Sweet Lord

15. November 2007

Etwas für die Ewigkeit


Gyula Juhász (1883-1937)

Die Jahre kamen und vergingen, du
Entschwandest langsam meinem Sinn. Dein Bild
In mir verblaßte, und entfallen sind mir
Der Bogen deiner Schultern, deine Stimme.
Ich ging im immer tiefern Wald des Lebens
Dir nicht mehr nach. Ich spreche deinen Namen
Schon ganz gelassen aus und scheue mich
Nicht mehr vor deinem Blick. Denn heute weiß ich,
Daß du nur eine unter vielen warst,
Nur Jugendtorheit, die vergeht. Und dennoch
Glaub nicht, mein Herz, dies alles sei umsonst
Gewesen und vergangen, glaub es ja nicht.
Denn du bist da, wenn mir der Schlips verrutscht,
Wenn ich irrtümlich grüße, mich verspreche,
Du bist in jedem Brief, den ich zerreiße,
In meinem ganzen fehlgeschlagnen Leben,
Du lebst und herrschst in ihm für ewig. Amen.

(Übersetzt von Géza Engl)


Der Name des Gedichtes war zu meiner Überraschung: „Anna ist ewig“. Es hat mich getroffen, wie keins zuvor, und bedeutet mir viel.
Eure Ann - nur Jugendtorheit...

Herbst - Gedichte

* * *
Denk nicht, dass du mich hast,
Wenn ich dir sage: "Ich bin deine!"

Das bin ich mit dem Herzen und dem Kopf.

Doch Seele meine und Bekleidung ihre
- meinen Körper -
Sie zu gewinnen ist kein leichtes Schaffensstück.

Wird's dir gelingen, mich in Gefühlen zu ertränken?

Mich aus der Dunkelheit zu führen in das Licht?

Wenn ja, dann öffne Welt mir deine, fühle.
Wenn nicht, dann geh und lasse mich zurück.


* * *
Verbinde mir die Augen,
Damit ich deine dann nicht sehe.

Damit nicht sie mich fesseln, sondern du.

Du - deine Stimme, Zärtlichkeit und Wärme.
Wenn ich dich wieder sehe,
Bin ich für immer rein, unschuldig, wieder jung.


* * *
Ich bin nicht schön, bin nicht die Mutigste, die Stärkste.
Bin nur ich selbst in meiner Ehrlichkeit und Schmerz.

Beobachte die Anderen in ihrer Welt, geb' ihnen meine Güte.

Und freue mich auf das der Fremden Glück und weiter leb'...


Herbst 2007

6. November 2007

Tenderly Summertime

Ein schöner, sentimentaler und ganz feinfühlieger Trickfilm “The Tender Game” von John Hubley und Faith Elliott. Ella Fitzgerald singt dabei "Tenderly", begleitet von the Oscar Peterson Trio, 1958



Tenderly
The evening breeze
Caressed the trees tenderly
The trembling trees
Embraced the breeze tenderly
Then you and I came wandering by
And lost in a sigh were we
The shore was kissed by sea
And mist tenderly
I can't forget how two hearts
Met breathlessly
Your arms opened wide
And closed me inside
You took my lips,
You took my love so tenderly

Unvergleichbar... Ella Fitzgerald und Louis Armstrong: Gershwin's "Summertime":



Summertime
Summertime,
And the livin' is easy
Fish are jumpin'
And the cotton is high

Your daddy's rich
And your mamma's good lookin'
So hush little baby
Don't you cry

One of these mornings
You're going to rise up singing
Then you'll spread your wings
And you'll take to the sky

But till that morning
There's a'nothing can harm you
With daddy and mamma standing by

Summertime,
And the livin' is easy
Fish are jumpin'
And the cotton is high

Your daddy's rich
And your mamma's good lookin'
So hush little baby
Don't you cry

1. November 2007

Herbstlich

Wieder ist es Zeit für "Autumn leaves". Erneut möchte ich gar nicht, dass der Herbst seine Macht hier weiter ausbreitet und den Winter herbeiruft. Es gibt aber keine andere Wahl, als wieder auf den geliebten, süssen, leichtsinnigen, unerklärlichen Frühling zu warten...

"Herbst? Warum nicht"

"Mit diesen Worten aus einem Brief Rilkes an seine Frau Clara beginnt der Band "Rilke Herbst", welcher Anfang September im Insel Verlag erschienen ist. Rilke macht Lust auf den Herbst...(...) auch mit seinen vielen Briefen. So führt er seinen Brief an Clara weiter:
"denn ich will den Herbst! Ist es nicht, als wäre er das eigentlich Schaffende, schaffender denn der Frühling, der schon gleich ist, schaffender, wenn er kommt mit seinem Willen zur Verwandlung und das viel zu fertige, viel zu befriedigte, schließlich fast bürgerlich-behagliche Bild des Sommers zerstört? Dieser große herrliche Wind, der Himmel auf Himmel baut; in sein Land möchte ich gehen und auf seinen Wegen." Link

Zum Buch bei amazon.de

Herbst

Die Blätter fallen, fallen wie von weit,

als welkten in den Himmeln ferne Gärten;
sie fallen mit verneinender Gebärde.
Und in den Nächten fällt die schwere Erde
aus allen Sternen in die Einsamkeit.
Wir alle fallen. Diese Hand da fällt.
Und sieh dir andre an: es ist in allen.
Und doch ist Einer, welcher dieses Fallen
unendlich sanft in seinen Händen hält.
(R-M Rilke (1875-1926)


Ich zähle die Regentropfen an den Zweigen,
sie glänzen, aber sie fallen nicht,
schimmernde Schnüre von Tropfen
an den kahlen Zweigen.
Die Wiese sieht mich an
mit großen Augen aus Wasser.
Die goldgrünen Weidenkätzchen
haben ein triefendes Fell.
Keine Biene besucht sie.
Ich will sie einladen
sich an meinem Ofen zu trocknen.
Ich sitze auf einem Berg
und habe alles,
das Dach und die Wände,
das Bett und den Tisch,
den heißen Regen im Badezimmer
und den Ofen mit löwenfarbener Mähne,
der atmet wie ein Tier
oder ein Mitmensch.
Und die Postfrau
die den Brief bringen würde
auf meinen Berg.
Aber die Weidenkätzchen
treten nicht ein
und der Brief kommt nicht,
denn die Regentropfen
wollen sich nicht zählen lassen.
(Hilde Domin (1909-2006))

L’Origine du monde

Heute erschien bei Welt online ein sehr interessanter Artikel über die in Grand Palais in Paris noch bis zum 28. Januar 2008 stattfindende Ausstellung "Courbet".

Wenn ich hier das Bild von Gustave Courbet (1819-1877) „Der Ursprung der Welt“ (L’Origine du monde) aus dem Jahre 1866 veröffentliche, dann wird es meine Art der direkt – verdeckten, offensichtlich - verschwommenen Erotik allerdings sprengen, daher verlinke ich es lediglich, und jeder kann es sich in Ruhe anschauen und darüber nachlesen.

Gustave Courbet malte die nackten Tatsachen

„Mitte des 19. Jahrhunderts war er der Provokateur mit dem Pinsel: So nackt und ungeschminkt wie Gustave Courbet hatte vorher niemand Frauen auf der Leinwand dargestellt. Eine große Ausstellung im Pariser Grand Palais feiert den Meister des Realismus.(…)

Ein Gigant. Ein Genie. Hier eine Welle, da ein Steinbruch, dort ein Stillleben, bisweilen auch eine Nackte. So wie man Gustave Courbet in den meisten Museen in limitierter Auswahl präsentiert bekommt, so wenig wird das Einzelwerk diesem zarten Kraftmenschen des Realismus gerecht.

Das Pariser Grand Palais präsentiert erstmals seit 30 Jahren in Frankreich dieses erstaunliche Werk mit 120 Bildern und Grafiken in seiner verblüffenden Breite. Und lädt, so wie einst Gustave Courbet zu seiner spektakulären Gegenausstellung zum Salon, in einen Staunen machenden "Pavillon des Realismus". (…)

Wollüstige Freundinnen beim Liebesspiel

Er malte freilich später noch einen anderen "Ursprung der Welt", so schamlos und dabei so delikat, dass sich, als dieses Bild eines weiblichen Torsos, der die Beine spreizt, erst vor 1995 aus dem Privatbesitz des Psychoanalytikers Jacques Lacan für das Orsay-Museum erworben wurde, immer noch Entrüstung breit machte.

"Die nackteste Nackte der Welt" wurde das pelzige Dreieck, einst die Bestellung eines orientalischen Erotomanen, genannt, an dem man so gar nicht vorbeischauen kann.

Im Grand Palais wurde es in eine rote Rotunde gehängt, dahinter rekeln sich wollüstig die beiden "Freundinnen" im Liebesspiel, gegenüber gibt es pornografische Stereofotografien hinter Gucklöchern zu sehen. (…)

"Mit meiner lachenden Grimasse, die ihr kennt, verberge ich im Inneren einen Kummer, eine Bitternis und eine Traurigkeit, die sich ins Herz gräbt wie ein Vampir." Courbet war ein Manipulator, aber auch ein Einzelgänger - künstlerisch, sozial, familiär."mehr


Revolution

90 Jahre sind seit der Revolution in Russland vergangen. Arte widmet sich diesem Ereignis und den Folgen der Grossen Oktoberrevolution bis in das heutige Russland unter Putin.

Der rote Tag im Kalender

RUSSISCHE REVOLUTIONEN

1917 – Die Russische Revolution • Dokumentation Mittwoch • 7. November • 20.40

1917 – Die Russische Revolution • Themenabend Sonntag • 11. November • 20.45

Die vergessene Revolution und ihre Kinder • Themenabend Freitag • 16. November • 22.25

Die Gräfin und die Russische Revolution • Dokumentation (Geschichte am Mittwoch) • 21. November • 20.40

Mehr dazu hier und hier.