16. April 2009

Was bedeutet...

... Melancholie?

"In seinem Aufsatz Trauer und Melancholie von 1917 grenzt Sigmund Freud die Melancholie von der Trauer ab: Sie sei dadurch gekennzeichnet, dass die Herabsetzung des Selbstgefühls nicht durch die positive Trauerarbeit behoben wird. Die Melancholie ist seelisch ausgezeichnet durch eine tief schmerzliche Verstimmung, eine Aufhebung des Interesses für die Außenwelt, durch den Verlust der Liebesfähigkeit, durch die Hemmung jeder Leistung und die Herabsetzung des Selbstgefühls, die sich in Selbstvorwürfen und Selbstbeschimpfungen äußert und bis zur wahnhaften Erwartung der Strafe steigert. Diese selbstzerstörerischen Aspekte sieht Freud als Ursache für die Suizidgefährdung der Melancholiker.

In der modernen Psychologie ist der Begriff der Melancholie fast völlig durch den Begriff Depression ersetzt worden." wikipedia


Bedrich Smetana "String Quartet No.1 in e moll"
(Video-Teil 1)

[Fortsetzung: Video 2, 3, 4]

John Keats (1795-1821)

Ode auf die Melancholie

I

Nein, nein, geh nicht zur Lethe, preß dir nicht
Vom Eisenhut, zähwurzlig, Gift ins Glas -
Wenn Nachtschatten dein bläßliches Gesicht
Auch küßt, die Purpurfrucht Proserpinas;
Flicht keine Eibenbeern zum Rosenkranz,
Auch Totenuhr und Totenkopf laß sein
Als Klagepsyche, und als Freund im Leid
Trau der zerzausten Eule niemals ganz:
Der Schattenzug stellt sich zu schleppend ein
Und schluckt der Seele wache Ängstlichkeit.

II

Doch wenn Melancholie vom Himmel fährt
Wie eine Wolke plötzlich tränen will,
Die alle schlaffen Blütenkelche nährt
Und Hügel hüllt ins Grabtuch des April -
Dann schöpf von Morgenrosen neuen Mut,
Von Regenbogen, Dünen, Salz und Sand
Und reichem, kugligem Päonienflor;
Und zeigt die Herrin köstlich ihre Wut,
Laß sie nur rasen, fang die zarte Hand
Und dring tief, tief in diese Augen vor.

III

Sie lebt mit Schönheit - Schönheit, die bald stirbt;
Mit Freude, deren Kußhand ewig winkt
Und sagt Adieu - und Wonnen nah verdirbt,
Schon Gift wird, da der Bienenmund noch trinkt.
Ja, selbst im Tempel höchsten Glücks versteckt
Melancholie noch ihren Hochaltar,
Nimmt, wessen Zunge des Glücks Traube sprengt
Am feinen Gaumen, ihn auch einzig wahr;
Sein Geist wird, ihre Trauermacht geschmeckt,
Zu ihren düsteren Trophäen gehängt.

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