Die Sehnsucht nach dem Frühling klingt unterschiedlich. Mal erobert sie meine Ruhe durch die Bruchstücke der Klänge, durch die Abrisse der nichtgesagten Worte, mal durch die Stille, die in den Hörgang des Herzens dringt.
Gary Moore "Still Got the Blues"
Seit diesem Buch gehöre ich dem Paul Celan:
Was hab ich getan?
Die Nacht besamt, als könnt es
noch andere geben, nächtiger als
diese.
Vogelflug, Steinflug, tausend
beschriebene Bahnen. Blicke,
geraubt und gepflückt. Das Meer,
gekostet, vertrunken, verträumt. Eine Stunde,
seelenverfinstert. Die nächste, ein Herbstlicht,
dargebracht einem blinden
Gefühl, das des Wegs kam. Andere, viele,
ortlos und schwer aus sich selbst: erblickt und umgangen.
Findlinge, Sterne, schwarz und voll Sprache: benannt
nach zerschwiegenem Schwur.
Und einmal (wann? auch dies ist vergessen);
den Widerhaken gefühlt,
wo der Puls den Gegentakt wagte.
Weiß und Leicht
Sicheldünen, ungezählt.
Im Windschatten, tausendfach: du.
Du und der Arm,
mit dem ich nackt zu dir hinwuchs,
Verlorne.
Die Strahlen. Sie wehn uns zuhauf.
Wir tragen den Schein, den Schmerz und den Namen.
Weiß,
was sich uns regt,
ohne Gewicht, was wir tauschen.
Weiß und Leicht: Laß es wandern.
Die Fernen, mondnah, wie wir. Sie bauen.
Sie bauen die Klippe,
an der sich das Wandernde bricht,
sie sammeln
Lichtschaum und stäubende Welle.
Das Wandernde, klippender winkend.
Die Stirnen
winkt es heran,
die man uns lieh,
um der Spiegelung willen.
Die Stirnen.
Wir rollen mit ihnen dorthin.
Stirnengestade.
Schläfst du jetzt?
Schlaf.
Meermühle geht,
eishell und ungehört,
in unsern Augen.
Ein Tag und noch einer
Föhniges Du. Die Stille
ging mit uns mit wie ein zweites,
deutliches Leben.
Ich gewann, ich verlor, wir glaubten
an düstere Wunder, der Ast
groß an den Himmel geschrieben, trug uns, wuchs
an die Mondbahn, ein Morgen
stieg ins Gestern hinauf, wir holten
den Leuchter, ich weinte
in deine Hand.
(1957)
Aus: "Herzzeit: Ingeborg Bachmann - Paul Celan. Der Briefwechsel" (1. Auflage, 2008)
3 Kommentare:
Paul Celan ALLERSEELEN
Hallo Ann,,
Im geposteten Text findet sich in der vorletzten Zeile
ein leider sinnentstellender Fehler.
"Und einmal (wann? auch dies ist vergessen);
den WINDHAKEN gefühlt,
wo der Puls den Gegentakt wagte."
Windhaken ist falsch, es heißt WIDERHAKEN.
siehe auch Paul Celan selber > https://www.youtube.com/watch?v=PhO81S666Ok%2F
Bemerkenswert, dass sich der Fehlerteufel bereits verbreitet hat.
Entdecke den gleichen Fauxpas auch auf folgender Lyrikseite.
> http://unertraeglich-leicht.blogspot.com/2009/02/
Fand allerdings keine Möglichkeit, das richtig zu stellen.
Freundliche Grüße aus München
wolfgang lauter
Von meiner Schreibmaschine gesendet
wolfgang lauter
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http://www.wolfganglauter.de
Hallo Ann,
Sorry, mein Hinweis in den letzten Zeilen widersinnig bzw. doppelt gemoppelt, da er nicht Dir galt. Hatte diesen Hinweise auf Deinen Blog-Post vorgestern an Herrn Stavenhagen gemailt, einem Schauspieler und Sprecher. Er liest Lyrik (info@deutschelyrik.de) und hat diesen Fehler (Windhaken statt Widerhaken) ebenfalls gemacht (in seiner Lesung und im dazu gezeigten Gedicht). Den gezeigten Gedichttext hat er inzwischen korrigiert, die Lesung noch nicht. Grüße wolfgang lauter
Vielen Dank, ist korrigiert.
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