20. Oktober 2009

Hinreißender Streit

Ein geniales Video: Streit zur 5. Symphonie von Beethoven



Diese Szene gehört zu einer der ersten Sketch Shows "Your Show of Shows", die 1950-1954 auf NBC ausgestrahlt wurden. Bemerkenswert ist, dass die Sendung live übertragen wurde. Schauspieler: Sid Caesar und Nanette Fabray.
(Übersetzt aus der Videobeschreibung)

Kleines Hintergrundwissen zum Entstehen der Fünften Symphonie:

Sie wird oft auch als Schicksalssymphonie genannt.
"
Die ersten Skizzen Beethovens zur 5. Sinfonie, deren Entstehung ein Kompositionsauftrag des oberschlesischen Grafen Franz von Oppersdorff zugrunde lag, sind in den Jahren 1803 und 1804, also zwischen dem Abschluss der Eroica und vor den Arbeiten an der 4. Sinfonie (vollendet im Herbst 1806), entstanden. Die Fertigstellung des Werkes erfolgte im Jahr 1807 und im Frühjahr 1808, in dem auch die Arbeiten an der 6. Sinfonie abgeschlossen wurden. Damit kann die musikalische Aussage des Werkes auch im Zusammenhang mit der ab 1798 beginnenden Taubheit Beethovens sowie dessen erschütternder Erkenntnis im Heiligenstädter Testament (1802) gesehen werden. Im Juni 1808 bot Beethoven das Werk dann in Erwartung besserer Bezahlung dem Verlag Breitkopf & Härtel an.

Schließlich wurde das Werk, nun auf den Grafen Rasumowski, dem später auch die drei Streichquartette op. 59 gewidmet wurden, sowie den Fürsten Lobkowitz umgewidmet, im Jahr 1809 verlegt. Über die Gedanken und Motivationen Beethovens zur 5. Sinfonie lässt sich wenig sagen, da keine Äußerungen von ihm selber dazu überliefert sind. Die meisten angeblich authentischen Aussagen Beethovens beruhen auf den Aussagen seines Sekretärs Anton Schindler und sind als äußerst fragwürdig zu beurteilen. So meinte Beethoven nach Schindler: „Den Schlüssel zu diesen Tiefen gab dessen Schöpfer selber, als er eines Tages mit dem Verfasser über die demselben zu Grunde liegende Idee sprach, mit den Worten: So pocht das Schicksal an die Pforte, indem er auf den Anfang des ersten Satzes hinwies.“ Ungeachtet der Tatsache, dass keine originären Aussagen Beethovens vorhanden sind, wird das Werk von Musikwissenschaftlern als Bindeglied zwischen der 3., 7. und 9. Sinfonie gesehen, in denen Beethoven zu einer vollkommen eigenständigen sinfonischen Tonsprache gelangte." wikipedia

19. Oktober 2009

Das Unberührbare berühren..

Aus dem Interview mit dem israelischen Autor Amos Oz: Meine bösen deutschen Nächte
"Welche Erfahrungen verdanken Sie der deutschen Literatur?


In den fünfziger Jahren, als Teenager und in meinen frühen Zwanzigern, habe ich Deutschland so sehr verabscheut, dass ich schwor, nie deutsche Produkte zu kaufen, Deutschland nie zu besuchen und nie deutsche Freunde zu haben. Das einzige, das ich nicht boykottieren konnte, war die deutsche Literatur, weil ich sonst das gleiche getan hätte, wie die Nazis. Ich las also in Übersetzung die Romane von Heinrich Böll, von Siegfried Lenz, Günter Grass und Ingeborg Bachmann - die Bücher aller großen Autoren der deutschen Nachkriegsliteratur. Und diese Schriftsteller öffneten mir die Augen und das Herz, sodass ich Deutschland nicht länger verachten konnte. Sie boten mir Gelegenheit, meine eigenen Vorurteile zu zerschlagen, und als ich Deutschland 1982 zum ersten Mal besuchte, war ich durch das Lesen dieser Bücher vorbereitet.
(...)

Worin liegt die Schönheit der Wüste?

Das habe ich in einigen meiner Bücher zu beschreiben versucht, ich will Ihnen also nur dieses sagen: Ich mache jeden Morgen einen kurzen Spaziergang in die Wüste - noch vor Sonnenaufgang und meist nicht länger als zwanzig Minuten. In meinem Teil der Welt handelt es sich um eine Bergwüste, nicht um eine Ebene. Es gibt Pfade in dieser Wüste, und wenn man einen von ihnen entlanggeht, tritt man in die Fußstapfen von Menschen, die vor tausenden von Jahren lebten. Von Schäfern und Nomaden, von Kamelkaravanen. Doch wenn man aus dem Pfad heraustritt, geht man einen Weg, den nie zuvor ein menschlicher Fuß beschritten hat, und diese Vorstellung macht für mich die Besonderheit der Wüste aus.

Erleben Sie diese Spaziergänge als ein Gleichnis für Ihre Arbeit als Schriftsteller?

Das haben Sie ganz richtig erkannt. Wenn ich schreibe, trete ich in die Spuren meiner großen Vorfahren und Mentoren und versuche zugleich, in neues, unbekanntes Land vorzudringen. Es ist wie in der Liebe. In der Liebe tust du Dinge, die Abermillionen von Menschen vor dir getan haben, und dennoch erscheint es dir wie das allererste Mal.

Worin besteht die Erotik des Schreibens?

In dem Verlangen, das Unberührbare zu berühren." weiter lesen


9. Oktober 2009

One


In der Fensterscheibe konnte man die Bewegungen eines Ventilators erkennen. Sie spiegelten sich in der dunklen, undurchlässigen Luft und flimmerten. Als ob hinter dem Glas, in der Schwerelosigkeit einer schwarz-dicken Nacht ein alter Kinoprojektor mit einem im Staub gefangenen Stummfilm kämpfen würde. Krächzend und mühevoll. Spüren konnte sie auch die kalten Stöße - auf der Haut ihrer Beine wehte der leise Wind.

Den heißen Tag verbrachte sie in einer fremden Wohnung. Sie hatte den Schlüssel, um die Tür aufzusperren, verlegt. Wegzugehen hatte sie auch nicht vor und blieb den ganzen Tag allein. Auf dem Bett, im dünnen gelben Leinenkleid. Weiße beschriftete Blätter bedeckten ihre Beine. Sie tippte auf der Schreibmaschine, dachte zusammen und nach. Schrieb, zerriss das Papier und schimpfte leise auf sich, wenn kein Wort zum Tippen vorhanden war.


Am Abend wurde es kühler. Die Kleidung klebte nicht mehr an ihr und aus dem Fenster gegenüber hörte sie zunächst Bewegungen, später empores Stöhnen. Eine Frau gab sich gerade ihrer Leidenschaft hin, der Mann kam ihr genauso laut und hektisch nach. Wieso nennt man das "Kommen"? Und nicht Ankommen, Entkommen, Entgleisen, Schmelzen, Verschmelzen.
Woher kommt man und wohin? Die Stimmen verschwanden. Sie war nicht eifersüchtig auf sie. Entnahm das Wichtigste... - Leben.

Wer war sie in dieser Nacht. In jener fremden Stadt. Großstadt. War sie selbst mit ihr verschmolzen, mit dem Pulsieren der steigenden Dunkelheit der Nacht?
Das Zimmer roch nach Vanille. Es war ein verschütteter Cappuccino - das Pulver mit dem chemischen Beigeschmack von Vanille. Ihr Gastgeber liebte Kaffee, sogar im Kühlschrank lag ein kleines Häufchen davon auf der grünen Untertasse. Um schlechte Gerüche zu absorbieren, - schrieb er auf dem Zettel. Sie liebte seine komischen Kleinigkeiten. Den Cappuccino besorgte er jedes Mal für sie.

Die Fliesen im Badezimmer waren nass und der Geruch des frisch genommenen Bades kitzelte ihre Nase. Holzige Früchte waren das; intensiver, als ihre sanft-gewöhnten weiblichen. Sie verkleinerte seine neue Kollektion an Plastikflaschen von der Badekante und genoss die saubere Feuchtigkeit auf ihrer Haut. Sie brauchte nichts anzuziehen und fühlte sich frei.
Wiedergeboren. Fremd. Nah. Ihm nah, ohne dass er da war.

Sie gaben oft einander ihre Wohnungen, um die Leben von seiner Großstadt und ihrer Provinz zu vertauschen. Sie gaben oft einander ihre Leben. Den Mann hat sie noch nie gesehen, er war ihr aber jahrelang vertraut. Sie verband eine Emotionalität, die tief hinter dem Wort "Zuneigung" stand und über dem Wort "Liebe" ihre Wurzeln fand. Sie liebte ihn auf bestimmte Weise, er sie auch. Sie lebten es auf besondere, intensive Art aus, ohne je einander berührt zu haben. Gerade das machte es aus, den Reiz daran. Während er mit seiner Verlobten lebte, sie mit ihrem Partner, waren sie in den Domizilen von einander immer allein. Solo. Ihre Leben gehörten jedem von beiden.
Wenn sie sich in dieser Fremde befand, verschwanden jegliche Bindungen und Fesseln des Alltäglichen. Sie genoss es, in seiner Wohnung gleichzeitig Gast und Bewohnerin zu sein.

Mittlerweile kannte sie seine Anzüge und Hemden, seinen Geschmack in Schuhen und Unterwäsche, seinen Rasierklingen und Wasser. Sie kannte fast alle seine Bücher, suchte immer nach Neuzugängen, blätterte genüsslich und neugierig in ihnen, entdeckte Spuren seiner Zigarettenasche dazwischen.

Sie stellte sich gerne vor, was er in ihrem Haus tat.
Ob er genauso ihre Kleider- und Büchervorlieben kannte. In der Nähe ihres Hauses lag ein kleiner See. Die Natur stimmte sogar ihn sehnsüchtig. Nachdenken. Seine Gedanken waren wie ein Teppich, auf dem man sich ausbreitete, wenn man alles hinter sich lassen wollte. Ein Teppich aus Gras und aus Wasser, um auf dem Rücken zu schwimmen. Er spürte das Wasser - das leise, kalt-warme Wasserschlüpfen unter sich. Man war eingetaucht, der Rest der Welt kümmerte nicht mehr. Sie konnte nicht schwimmen. Wenn sie die Augen schloss, konnte sie sich vorstellen, wie er das tat. Es war angenehm, wenn die Wellen trugen, wenn man zum Einen mit dem Wasser wurde, ihm vertraute und sich auf dem Rücken des Wassers treiben ließ. Sein Rücken und der nasse jenige vom See. Wenn man es konnte, sich entspannt liegen lassen und mit minimalen Kraftaufwendungen zum Fisch werden. Man wurde dann leicht.

Sie nahm ein Bad, er nahm sein Bad im See. Beide waren in ihren Gedanken so nah und so fern frei. Ob er an sie auch dachte?..

Sommer-Herbst 2009

Für jemanden zum Geburtstag.

1. Oktober 2009

Marianne Faithfull "Crazy Love"

Intimität und Klänge des mich überrumpelnden Oktobers...



Marianne Faithfull "
Crazy Love" (Aus dem Album "Before the Poison")

Lyrics: Marianne Faithfull
Music: Nick Cave & The Bad Seeds

Hated by all and everywhere he goes
Blazing contempt for human life and lies,
Murder as art and what he knows he knows
From life and fear in other people's eyes

Crazy love is all around me,
Love is crazy love is kind
But I know somehow you'll find me
Love is crazy, love is blind

She walks the boulevard without a care,
Knowing too much but having come so far
Pretending life is just a game you play for nothing,
Loving no-one and nowhere

Crazy love is all around me,
Love goes crazy given time
But I know somehow you'll find me
Love is crazy, love is blind

She looks as if expecting a surprise,
Maybe an encounter that will change her life
Not knowing hot from cold or good for bad,
If life is just a joke or if it makes her sad

Crazy love is all around me
Love is crazy love is kind
But I know somehow you'll find me
Love is crazy, love is blind

Quelle