10. August 2007

Glück

Weltliteratur, Musik, Kunst wären nichts wert, wenn es nur Freude und Glück gäbe...

Sie geht in aller Frühe,
noch eh die Dämmrung schwand,
den Weg zur Tagesmühe
im ärmlichen Gewand.
Die dunklen Nebel feuchten
noch in der Straße dicht,
sonst sähe man beleuchten
ein Lächeln ihr Gesicht.
Die Götter mögen wissen,
warum sie heimlich lacht -
es weiß es nur das Kissen,
was ihr geträumt heut nacht.


Das Unglück lieben
Das Unglück lieben - o das heißt,
Durch Dorngestrüppe, das uns blutig,
Das uns das Kleid vom Leibe reißt,
Im Dunkel gehn, am Abgrund mutig;
Es heißt nicht gehn im Sonnenschein,
Jedoch auch leiden nicht allein.

Das Unglück lieben heißt, zugleich
Verachtung, Spott und ohne Klagen,
Gefaßt auf jeden Wetterstreich,
Der Erde Doppellast ertragen,
Dem süßen vorziehn bittern Trank
Und ernten, ach, nur kargen Dank.

Das Unglück lieben heißt, ein Kind
Mit heim von öder Straße nehmen,
Beschützen vor dem rauhen Wind,
Heißt, harten Sinn und Stolz beschämen,
Selbst nicht vor Trotz und Widerstand
Zurückziehn seine Retterhand.

Das Unglück lieben heißt, nicht Flaum
Und weiche Polsterdecken lieben,
Doch die, die umgehn wie im Traum,
Die Ärmsten, die zurückgeblieben,
Errettend wiederum hervor
Geleiten, zu dem Glück empor.

Das Unglück lieben heißt, die Not
Des Erdendaseins ganz empfinden,
Die Ohnmacht vor dem Machtgebot,
Dem kein Geschöpf sich kann entwinden,
Heißt streifen an des Engels Flug,
Der auf die Welt das Mitleid trug.


Immer leiser wird mein Schlummer
Immer leiser wird mein Schlummer,
Nur wie Schleier liegt mein Kummer
Zitternd über mir.
Oft im Traume hör ich dich
Rufen drauß vor meiner Tür,
Niemand wacht und öffnet dir,
Ich erwach und weine bitterlich.
Ja, ich werde sterben müssen,
Eine Andre wirst du küssen,
Wenn ich bleich und kalt.
Eh die Maienlüfte wehn,
Eh die Drossel singt im Wald:
Willst du mich noch einmal sehn,
Komm, o komme bald!



Georg Herwegh (1817 – 1875)

Leicht Gepäck

Ich bin ein freier Mann und singe
Mich wohl in keine Fürstengruft,
Und alles, was ich mir erringe,
Ist Gottes liebe Himmelsluft.
Ich habe keine stolze Feste,
Von der man Länder übersieht,
Ich wohn' ein Vogel nur im Neste,
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.

Ich durfte nur, wie andre, wollen,
Und wär' nicht leer davongeeilt,
Wenn jährlich man im Staat die Rollen
Den treuen Knechten ausgeteilt;
Allein ich hab' nie zugegriffen,
So oft man mich herbei beschied,
Ich habe fort und fort gepfiffen,
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.

Der Lord zapft Gold aus seiner Tonne,
Und ich aus meiner höchstens Wein;
Mein einzig Gold die Morgensonne,
Mein Silber all der Mondenschein!
Färbt sich mein Leben herbstlich gelber,
Kein Erbe, der zum Tod mir riet;
Denn meine Münzen prägt' ich selber;
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.

Gern sing' ich abends zu dem Reigen,
Vor Thronen spiel' ich niemals auf;
Ich lernte Berge wohl ersteigen,
Paläste komm' ich nicht hinauf;
Indes aus Moder, Sturz und Wettern
Sein golden Los sich mancher zieht,
Spiel' ich mit leichten Rosenblättern;
Mein ganzer Reichtum ist mein Lied.

Nach dir, nach dir steht mein Verlangen,
O schönes Kind, o wärst du mein!
Doch du willst Bänder, du willst Spangen,
Und ich soll dienen gehen? Nein!
Ich will die Freiheit nicht verkaufen,
Und wie ich die Paläste mied,
Lass' ich getrost die Liebe laufen;
Mein ganzer Reichtum sei mein Lied.

(1840)

1 Kommentar:

la. hat gesagt…

O_o
Na ja, 'glücklicher'weise gibt's nicht nur Glück und Freude!