4. März 2007

Paul Eluard

Gedichte von Paul Eluard (1895-1952):

Entzückung

Vor dieser weiblichen Landschaft bin ich
Wie ein Kind vor dem Feuer
Zaghaft lächelnd und die Augen voll Tränen
Vor dieser Landschaft da alles in mir sich regt
Da Spiegel beschlagen da Spiegel sich hellen
Vom Widerschein zweier nackter Körper Jahres- an Jahreszeit

So viele Gründe hab ich mich zu verlieren
Auf dieser weglosen Erde unter endlosem Himmel
Schöne Gründe noch gestern mir unbekannt
Die ich niemals vergessen werde
Schöne Schlüssel der Blicke Schlüssel sich selber entsprungen
Vor dieser Landschaft wo die Natur mir gehört

Vor dem Feuer das erste Feuer
Aller guten Gründe bester
Wiedererkannter Stern
Auf Erden wie unter dem Himmel fern meinem Herzen und in ihm
Zweite Knospe erstes grünes Blatt
Vom Meere mit seinen Flügeln bedeckt
Und hinter allem die Sonne die uns entstiegen

Vor dieser weiblichen Landschaft bin ich
Wie ein lodernder Zweig.


Nous Avons Fait La Nuit

Die Nacht ist begangen, ich halt deine Hand,
ich wache, ich stütz dich
mit all meinen Kräften.
Ich grabe, tiefes Gefurch, deiner Kräfte
Stern in den Stein: deines Körpers
Gütigsein - hier
soll es keimen und aufgehn.
Ich sage mir deine
Stimmen vor, beide, die heimliche und
die von allen gehörte.
Ich lache, ich seh dich
der Stolzen begegnen, als bettelte sie, ich seh dich, du bringst
den Umnachteten Ehrfurcht entgegen, du gehst
zu den Einfachen hin - du badest.
Leise
stimm ich die Stirn jetzt ab auf die deine, stimm sie
in eins mit der Nacht, fühl jetzt
das Wunder dahinter: du wirst mir
zur Unbekannt-Fremden, du gleichst dir, du gleichst
allem Geliebten, du bist
anders von Mal zu Mal.

Nous avons fait la nuit je tiens ta main je veille
Je te soutiens de toutes mes forces
Je grave sur un roc l'éoile de tes forces
Sillons profonds où la bonté de ton corps germera
Je me répète ta voix cachée ta voix publique
Je ris encore de l'orgueilleuse
Que tu traites comme une mendiante
Des fous que tu respectes des simples où tu te baignes
Et dans ma tête qui se met doucement d'accord avec la tienne avec la nuit
Je m'émerveille de l'inconnue que tu deviens
Une inconnue semblable à toi semblable à tout ce que j'aime
Qui est toujours nouveau

Gedichte-Link


Gedichte-Sammlung:
Paul Eluard

Die Liebe die Poesie

für Gala
dieses Buch ohne Ende.

Auszüge aus L'amour la poésie, übersetzt von Johannes Beilharz

XI

Sie weiß nicht wie man Fallen stellt
Ihre Blicke sehen ihre Schönheit
So einfach so einfach verführen
Und es sind ihre Augen die sie fesseln
Und auf mich stützt sie sich
Und über sich selbst wirft sie
Das Flugnetz der Liebkosungen.

XIII

Liebende mit dem Geheimnis hinter deinem Lächeln
Ganz nackt die Worte der Liebe
Entblößen deine Brüste deinen Hals
Und deine Hüften deine Lider
Enthüllen all die Zärtlichkeiten
Damit die Küsse in deinen Augen
Nur dich zeigen nur ganz dich.

XIV

Der Schlaf hat deinen Abdruck angenommen
Und färbt ihn mit deinen Augen.

XV

Sie beugt sich über mich
Das unwissende Herz
Um festzustellen ob ich sie liebe
Sie hat Vertrauen sie vergißt
Unter den Wolken ihrer Lider
Schläft ihr Kopf in meinen Händen ein
Wo sind wir
Zusammen unzertrennlich
Lebend lebend
Ich lebe sie lebt
Und mein Kopf rollt in ihren Träumen.

XVII

Mit einer einzigen Liebkosung
Bringe ich deinen ganzen Glanz zum Glänzen.

XX

Tagesanbruch ich liebe dich ich habe die ganze Nacht in meinen Adern
Die ganze Nacht lang habe ich dich angeschaut
Ich habe alles zu erraten der Dunkelheit bin ich mir sicher
Sie gibt mir die Macht
Dich einzuhüllen
Dich zu bewegen Lebenswille
Im Schoße meiner Unbeweglichkeit
Die Macht dich zu enthüllen
Dich zu befreien dich zu verlieren
Am Tage unsichtbare Flamme.

Wenn du weggehst öffnet sich die Tür zum Tag
Wenn du weggehst öffnet sich die Tür zu mir selbst

XXI

Unsere Augen weisen sich das Licht zu
Und das Licht die Stille
Um sich nicht mehr zu erkennen
Um die Abwesenheit zu überleben.

XXIII

Reise der Stille
Von meinen Händen zu deinen Augen

Und in deinem Haar
Wo die Töchter der Weide
Sich an die Sonne schmiegen
Bewegen sich die Lippen
Und lassen den vierblättrigen Schatten
Ihr warmes Schlafherz erobern.

XXV

Ich habe mich von dir getrennt
Doch kam die Liebe mir zuvor
Und als ich die Arme ausstreckte
Hat sich der Schmerz noch bitterer eingenistet
Die ganze Wüste zum Getränk

Um mich von mir selbst zu trennen.

XXVIII

Rote Liebende
Um dein Vergnügen zu teilen
Nehme ich die Farbe des Schmerzes an.

Ich habe gelebt du schließt die Augen
Du schließt dich in mir ein
Nimm doch das Leben an.

Alles was sich wiederholt ist unverständlich
Du wirst in einem Spiegel geboren
Vor meinem alten Bild.

XXIX

Ein Gesicht müßte
auf alle Namen der Welt antworten.


Diese Gedichte wurden erstmals 1929 veröffentlicht.
Grundlage für die Übersetzungen war
Paul Eluard
Capitale de la douleur
suivi de L'amour la poésie
Préface de A. Pieyre de Mandiargues
Poésie/Gallimard 1966
Copyright Ó der Übersetzungen Johannes Beilharz 2000

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