14. November 2010

Erinnerungen an Körper

Eine gute Freundin empfahl mir dieses Buch und ich verschluckte einen Teil davon direkt im Buchladen. Es war in Berlin..., es war im Sommer..., im Sommer, den ich nie wieder vergessen werde...


Ein paar kleine Ausschnitte aus Sandor Marais "Die vier Jahreszeiten":

Mit dem Geheimnis leben
"Mit einem Geheimnis leben wie Menschen vergangener Zeiten, die alles erzählten, niederschrieben oder gestanden, nur das eine nicht, das in ihrem Herzen brannte; leben wie einst die Dichter oder die Gardeoffiziere, die sich wegen eines Missverständnisses duellierten, diesen einen Namen aber nicht einmal auf der Folterbank preisgaben - und Folterbänke gibt es viele! -, leben mit einem Siegel auf Herz und Mund, zum Himmel aufschauen, über alles reden, nur über das eine schweigen, bis in den Tod. Schweigen, wie Puschkin es tat. Ein Gedicht, einen Roman darüber schreiben? Ja. Sich der Psychoanalyse anvertrauen? Niemals."


Bitte
"Liebe mich so ganz nebenbei und sanft, auch ein wenig zerstreut, gerade so, wie man Atem holt oder wie der Mensch an einem Dienstag, an dem "überhaupt nichts geschieht", so lebt. Ich schätze es nicht mehr, geliebt zu werden wie in der Oper, im zweiten Akt, wenn sämtliche Hörner schmettern, die Scheinwerfer in allen Farben des Regenbogens strahlen und die Protagonisten pro Abend tausend Pengo für einen Auftritt kassieren. Liebe mich wie eine ganz wichtige Privatangelegenheit, ohne besondere Aufmerksamkeit. Dann werde ich, vielleicht, auch aufmerksam sein."


Zärtlichkeit
"Seit zwei Tagen fallen die Blätter. Die Bäume langen mit welken Armen herab und streicheln den fröstelnden Boden."


Die Körper
"Erinnerungen an Körper leben in uns und leuchten. Die Erinnerung an Körper, die wir kannten, Rohstoff der Liebe, des Instinkts, aus denen Verlangen und Fantasie für Augenblicke Meisterwerke geformt haben. Ich erinnere mich an stolze, fröhliche, gleichgültige, an eiskalte und glühende, kindliche und einfältige, an erstaunlich selbstvergessene, bescheidene und dienstbeflissene, an nach Champagner schmeckende, elektrisch geladene, an ruhige und überhebliche, elfenbeinfarbige (...), mispelbraune, nach Zimt riechende, zitternde und hochmütige Körper. Ich erinnere mich an Gestalten, die, wie das Meer aus dem Nebel, aus ihren abgeworfenen schweren Kleiderhüllen hervortraten. Ich erinnere mich an Körper, die in der Offenbarung der Nacktheit gänsehautüberzogen zu zittern begannen(...). In all dem ist etwas Verbotenes und Erhebendes, etwas Göttliches und zugleich Fleischbankartiges, etwas vom Operationssaal und etwas von der Seligkeit.(...)"

Bild: von S.

2 Kommentare:

Cupcakes and Strawberries hat gesagt…

Ich liebe dieses Buch und S. Marai! :)
Er ist wirklich eine Sucht.

Ann hat gesagt…

Oh ja... Es warten noch seine "Glut" auf mich und weitere...