23. Januar 2009

Das Herz einer Dichterin

Gertrud Kolmar (1894, Berlin - 1943, Auschwitz)

Die Verlassene

An K. J.

Du irrst dich. Glaubst du, daß du fern bist
Und daß ich dürste und dich nicht mehr finden kann?
Ich fasse dich mit meinen Augen an,
Mit diesen Augen, deren jedes finster und ein Stern ist.

Ich zieh dich unter dieses Lid
Und schließ es zu und du bist ganz darinnen.
Wie willst du gehn aus meinen Sinnen,
Dem Jägergarn, dem nie ein Wild entflieht?

Du läßt mich nicht aus deiner Hand mehr fallen
Wie einen welken Strauß,
Der auf die Straße niederweht, vorm Haus
Zertreten und bestäubt von allen.

Ich hab dich liebgehabt. So lieb.
Ich habe so geweint ... mit heißen Bitten ...
Und liebe dich noch mehr, weil ich um dich gelitten,
Als deine Feder keinen Brief, mir keinen Brief mehr schrieb.

Ich nannte Freund und Herr und Leuchtturmwächter
Auf schmalem Inselstrich,
Den Gärtner meines Früchtegartens dich,
Und waren tausend weiser, keiner war gerechter.

Ich spürte kaum, daß mir der Hafen brach,
Der meine Jugend hielt - und kleine Sonnen,
Daß sie vertropft, in Sand verronnen.
Ich stand und sah dir nach.

Dein Durchgang blieb in meinen Tagen,
Wie Wohlgeruch in einem Kleide hängt,
Den es nicht kennt, nicht rechnet, nur empfängt,
Um immer ihn zu tragen.



Die Dichterin

Du hältst mich in den Händen ganz und gar.

Mein Herz wie eines kleinen Vogels schlägt
In deiner Faust. Der du dies liest, gib acht;
Denn sieh, du blätterst einen Menschen um.
Doch ist es dir aus Pappe nur gemacht,

Aus Druckpapier und Leim, so bleibt es stumm
Und trifft dich nicht mit seinem großen Blick,
Der aus den schwarzen Zeichen suchend schaut,
Und ist ein Ding und hat ein Dinggeschick.

Und ward verschleiert doch gleich einer Braut,
Und ward geschmückt, daß du es lieben magst,
Und bittet schüchtern, daß du deinen Sinn
Aus Gleichmut und Gewöhnung einmal jagst,

Und bebt und weiß und flüstert vor sich hin:
"Dies wird nicht sein." Und nickt dir lächelnd zu.
Wer sollte hoffen, wenn nicht eine Frau?
Ihr ganzes Treiben ist ein einzig: "Du ..."

Mit schwarzen Blumen, mit gemalter Brau,
Mit Silberketten, Seiden, blaubestemt.
Sie wußte manches Schönere als Kind
Und hat das schönre andre Wort verlernt. -

Der Mann ist soviel klüger, als wir sind.
In seinem Reden unterhält er sich
Mit Tod und Frühling, Eisenwerk und Zeit;
Ich sage: "Du ..." und immer: "Du und ich."

Und dieses Buch ist eines Mädchens Kleid,
Das reich und rot sein mag und ärmlich fahl,
Und immer unter liebem Finger nur
Zerknittern dulden will, Befleckung, Mal.

So steh ich, weisend, was mir widerfuhr;
Denn harte Lauge hat es wohl gebleicht,
Doch keine hat es gänzlich ausgespült.
So ruf ich dich. Mein Ruf ist dünn und leicht.

Du hörst, was spricht. Vernimmst du auch, was fühlt?



Das Herz

Ich ging durch einen Wald,
Da wuchsen viele Herzen.
Sie waren rot in Schmerzen,
Sie waren stolz und grün und kalt.

Sie rieselten und hingen
Von dünnem Ast, Morellenast.
Ich wog die sonneneigne Last
Und ließ sie schüchtern klingeln.

Ich habe eins gepflückt,
Das dunkel schien vor Reife;
Es hat mit grüner Schleife
Und einer Blume mich geschmückt.

Ein Herz ist heißes Klopfen.
Ich ahnte zögernd, daß es bat.
Zuweilen, blutschwarz wie Granat,
Zersprang ein großer Tropfen.

Es lappte gräserwärts
Mit aufgerißnen Schalen.
Da schlug aus welken Qualen
Ein kleines, kleines blaues Herz.

[Quelle]

21. Januar 2009

Aimez-vous Brahms?

Ja, das tue ich und gebe mich dieser Musik hin. Gebe ihr nach... Und Sie?

Das Hauptthema im Film von Anatole Litvak "Lieben Sie Brahms?" (1961) war die Dritte Symphonie, 3. Satz: Poco Allegretto von Johannes Brahms.
Die das Herz vielleicht auch schlaglos lassende Aufführung der Berliner Philharmoniker, dirigiert von Sir Simon Rattle, findet sich hier:



"(...) Gerade mal ein Jahr nach dem Erscheinen von Françoise Sagans für die damalige Zeit sensationellen Bestseller-Erfolg kam Anatole Litvaks Verfilmung des Buchs in die Kinos. Die freizügige und melancholische Geschichte um die Liebe einer älteren Frau zu einem wesentlich jüngeren Mann war vor allem in den prüden Vereinigten Staaten ein kleiner Skandal und für die Hauptdarstellerin Ingrid Bergman so etwas wie eine späte Genugtuung, hatte doch ihre Beziehung mit dem italienischen Regisseur Roberto Rossellini Ende der Vierzigerjahre für Empörung und beinahe für das jähe Ende ihrer Hollywood-Karriere gesorgt. Bergman willigte deshalb nur allzu gerne ein, als Anatole Litvak sie bat, die Rolle der Paula Tessier zu übernehmen, und ihre darstellerische Leistung in Lieben Sie Brahms? / Aimez-vous Brahms? ist schlichtweg eine Sensation. Doch auch der Rest des Casts kann sich sehen lassen. Yves Montand spielt den unverbesserlichen Lebemann Roger Demarest, während der blutjunge Anthony Perkins Bergmans jugendlich-sensiblen Liebhaber Philip van der Besh gibt – eine Rolle, für die Perkins sogar den Darstellerpreis der Filmfestspiele von Cannes erhielt. Auch heute noch ist Lieben Sie Brahms? / Aimez-vous Brahms? ein sehenswerter Film über die Unwägbarleiten der Liebe, auch wenn die Empörung, die Françoise Sagans Buch und der daraus entstandene Film nach unseren heutigen Wertmaßstäben bizarr anmutet."weiter lesen

20. Januar 2009

Non-Anständig

Ulla Hahn (geb. 1946)

"Anständiges Sonett"
    Schreib doch mal
    ein anständiges Sonett
      St. H.
Komm beiß dich fest ich halte nichts
vom Nippen. Dreimal am Anfang küß
mich wo's gut tut. Miß
mich von Mund zu Mund. Mal angesichts

der Augen mir Ringe um
und laß mich springen unter
der Hand in deine. Zeig mir wie's drunter
geht und drüber. Ich schreie ich bin stumm.

Bleib bei mir. Warte. Ich komm wieder
zu mir zu dir dann auch
"ganz wie ein Kehrreim schöner alter Lieder".

Verreib die Sonnenkringel auf dem Bauch
mir ein und allemal. Die Lider
halt mir offen. Die Lippen auch.


1981



Auf der rechten Seite
so liegen daß
die Knie das Kinn
fast berühren. Sich den
Rücken freihalten für einen
nicht zu weichen
schmiegsamen Bauch.
Beine auch die mit meinen
scharf in die Kurve gehen
zwanzigfach Zeh'n
ganz unten. Ums Herz
in der linken Brust eine
Hand die den Schlag spürt
und bleibt im Nacken
ein schlafender Mund Speichelfäden.
Morgens aufwachen.
Immer noch da sein.
So.

14. Januar 2009

Mondwandeln

Wenn ich der Müdigkeit wieder nicht nachgeben kann und sich die Augenlider nicht geschlossen halten wollen, wandere ich durch die Wohnung. Wandere, um dem kalt ersehnten Mond sein begehrtes Schlafopfer nicht zu bringen. In der Dämmerung suche ich nach den noch nicht gelesenen Büchern, wandle auf der Suche nach Zeilen, die mich beruhigend einschlafen lassen werden. In Erwartung des Findens der quälenden Antworten auf die Fragen aus der Vergangenheit, lausche ich der Stille und versinke in die Geschichten, Gedichte, die bereits mehrere Jahrzehnte oder Hunderte zurück liegen, und die ich selbst bereits auch durchleb(t)e.
Die Suche nach dem "Gestern" endet immer in dem triumphierenden Aufgehen der Sonne. Sie kitzelt meine Wange, aber das kann ich nicht mehr spüren. Denn das aufgeschlagene Buch bleibt morgens neben dem Bett leise im Schlaf fallend liegen. Welche neue Fragen aus dem "Morgen" warten auf mich nach dem Aufwachen?..


M83 "America"




Ekstase der Unmöglichkeit

"Ich habe aufgehört, Gedichte zu schreiben, als mir der Verdacht kam, ich "könne" jetzt Gedichte schreiben, auch wenn der Zwang, welche zu schreiben, ausbliebe. Und es wird eben keine Gedichte mehr geben, eh' ich mich nicht überzeuge, daß es wieder Gedichte sein müssen und nur Gedichte, so neu, daß sie allem seither Erfahrenen wirklich entsprechen." (Ingeborg Bachmann, 1963) Quelle

Ingeborg Bachmann (1926-1973)
 
 Fall ab, Herz

Fall ab, Herz vom Baum der Zeit,
fallt, ihr Blätter, aus den erkalteten Ästen,
die einst die Sonne umarmt',
fallt, wie Tränen fallen aus dem geweiteten Aug!

Fliegt noch die Locke taglang im Wind
um des Landgotts gebräunte Stirn,
unter dem Hemd preßt die Faust
schon die klaffende Wunde.

Drum sei hart, wenn der zarte Rücken der Wolken
sich dir einmal noch beugt,
nimm es für nichts, wenn der Hymettos die Waben
noch einmal dir füllt.

Denn wenig gilt dem Landmann ein Halm in der Dürre,
wenig ein Sommer vor unserem großen Geschlecht.

Und was bezeugt schon dein Herz?
Zwischen gestern und morgen schwingt es,
lautlos und fremd,
und was es schlägt,
ist schon sein Fall aus der Zeit.


Dein Hut lüftet sich leis, grüßt, schwebt im Wind,
dein unbedeckter Kopf hat's Wolken angetan,
dein Herz hat anderswo zu tun,
dein Mund verleibt sich neue Sprachen ein,
das Zittergras im Land nimmt überhand,
Sternblumen bläst der Sommer an und aus,
von Flocken blind erhebst du dein Gesicht,
du lachst und weinst und gehst an dir zugrund,
was soll dir noch geschehen -
Erklär mir, Liebe!
Der Pfau, in feierlichem Staunen, schlägt sein Rad,
die Taube stellt den Federkragen hoch,
vom Gurren überfüllt, dehnt sich die Luft,
der Entrich schreit, vom wilden Honig nimmt
das ganze Land, auch im gesetzten Park
hat jedes Beet ein goldner Staub umsäumt.
Der Fisch errötet, überholt den Schwarm
und stürzt durch Grotten ins Korallenbett.
Zur Silbersandmusik tanzt scheu der Skorpion.
Der Käfer riecht die Herrlichste von weit;
hätt ich nur seinen Sinn, ich fühlte auch,
daß Flügel unter ihrem Panzer schimmern,
und nähm den Weg zum fernen Erdbeerstrauch!
Erklär mir, Liebe!
Wasser weiß zu reden,
die Welle nimmt die Welle an der Hand,
im Weinberg schwillt die Traube, springt und fällt.
So arglos tritt die Schnecke aus dem Haus!
Ein Stein weiß einen andern zu erweichen!
Erklär mir, Liebe, was ich nicht erklären kann:
sollt ich die kurze schauerliche Zeit
nur mit Gedanken Umgang haben und allein
nichts Liebes kennen und nichts Liebes tun?
Muß einer denken? Wird er nicht vermißt?
Du sagst: es zählt ein andrer Geist auf ihn ...
Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander
durch jedes Feuer gehen.
Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.


Ingeborg Bachmann

"(...) Vor allem in ihrer Lyrik bemüht sie sich um
die Entwicklung einer besseren Sprache, verbindet in ihren Texten den traditionellen Ton und altbekannte Bilder mit einer modernen Schreibweise. In ihrem zentralen Gedicht „Erklär mir, Liebe“ heißt es zum Beispiel: „Der Käfer riecht die Herrlichste von weit; / hätt ich nur seinen Sinn, ich fühlte auch, / daß Flügel unter ihrem Panzer schimmern, / und nähm den Weg zum fernen Erdbeerstrauch.“

So etwas kennt man. Das Gedicht endet allerdings mit einem modernen Bild, das später noch eine Bedeutung auch für Bachmanns Leben entwickeln würde:

„Erklär mir nichts. Ich seh den Salamander / durch jedes Feuer gehen. / Kein Schauer jagt ihn, und es schmerzt ihn nichts.“



Die Liebe schmerzt

Anders als den Salamander schmerzt Bachmann die Liebe. Von 1958 bis 1963 ist sie liiert mit dem fünfzehn Jahre älteren Schweizer Max Frisch („Stiller“, „Homo Faber“, „Andorra“), dessen Produktivität sie ihm neidet, während er wiederum äußerst eifersüchtig auf die Verehrer seiner jungen und attraktiven Freundin ist. Die beiden werden vom Feuilleton zum „Traumpaar des deutschen Literaturbetriebs“ ausgerufen – die Realität allerdings sieht anders aus, wie Frisch in seinen späteren Aufzeichnungen „Montauk“ (1975) beschreibt: „Ich bin ein Narr und weiß es. Ihre Freiheit gehört zu ihrem Glanz. Die Eifersucht ist der Preis von meiner Seite; ich bezahle ihn voll. Auf der sommernächtlichen Terrasse mit Blick über Rom schlafe ich mit dem Gesicht in der eignen Kotze. Ich leide zur Vermehrung meines zärtlichen Verlangens.“ Eine komplizierte Beziehung endet kompliziert: Ingeborg Bachmann findet Frischs Tagebuch in einer verschlossenen Schublade, „sie hat es gelesen und verbrannt. Das Ende haben wir nicht gut bestanden, beide nicht.“

Das Motiv des (Ver)Brennens zieht sich durch Bachmanns Leben – in den 1960er-Jahren brennt sie noch vor Leidenschaft, wird die Geliebte des Judaisten Georg Taubes, der die Wechselhaftigkeit der gemeinsamen Zeit ähnlich wie Frisch beschreibt:„I was in a liaison with the most powerful German poetress of our generation and we went down to hells and up to heavens in Berlin, in Klagenfurt, in Prag and three months in Rome.“ (...)"weiter lesen

"Du warst, als ich dir begegnete, beides für mich: das Sinnliche und das Geistige." Paul Celan an Ingeborg Bachmann

[aus dem Buch: "Herzzeit: Ingeborg Bachmann - Paul Celan. Der Briefwechsel" amazon]

"Herzzeit: Ingeborg Bachmann - Paul Celan. Der Briefwechsel" Leseprobe
"Die Liebesbeziehung zwischen den beiden bedeutendsten deutschsprachigen Dichtern nach 1945 beginnt im Wien der Nachkriegszeit. Bachmann studiert dort Philosophie, für Paul Celan ist Wien eine Zwischenstation. Im Mai 1948 lernen sie einander kennen, Ende Juni geht er nach Paris. Ihr Briefwechsel nach der Trennung ist zuerst schütter, verläuft zögernd, dann setzt er sich fort in immer neuen dramatischen Phasen. Jede dieser Phasen hat ihr eigenes Gesicht: ihren besonderen Ton, ihre Themen, ihre Hoffnungen, ihre Dynamik, ihre eigene Form des Schweigens. Ende 1961 brechen das briefliche Gespräch und die persönlichen Begegnungen ab, als sich Celans psychische Krise auf dem Höhepunkt der Goll-Affäre zuspitzt.
Der Briefwechsel zwischen 1948 und 1961 (ein letzter Brief Celans datiert aus dem Juni 1967) ist ein bewegendes Zeugnis: zunächst als das Gespräch einer Liebe nach Auschwitz mit allen symptomatischen Störungen und Krisen aufgrund der so konträren Herkunft der beiden und ihrer schwer zu vereinbarenden Lebensentwürfe als Frau und als Mann und als Schreibende. Aber es ist auch ein Ringen um Freundschaft oder um wenigstens irgendeine Beziehung. Ergänzend zu den beinahe zweihundert Zeugnissen ihrer Korrespondenz wurden die Briefwechsel zwischen Ingeborg Bachmann und Gisèle Celan-Lestrange sowie zwischen Paul Celan und Max Frisch in den Band aufgenommen."Quelle

13. Januar 2009

8. Januar 2009

Liebe als Unschuld

Vor einem Jahr verschlang ich Houellebecq und fand ihn genial:
"In Bezug auf das Liebensleben gehörte Veronique wie wir alle zu einer
verlorenen Generation. Sie war zweifellos fähig gewesen zu lieben; sie hätte sich diese Fähigkeit gern bewahrt, das will ich hiermit bezeugen; aber es ging nicht mehr. Ein seltenes, künstliches und spätes Phänomen, blüht die Liebe nur unter besonderen geistigen Voraussetzungen, die selten zusammentreffen und in jeder Hinsicht der Sittenfreiheit, die das moderne Zeitalter charakterisiert, entgegengesetzt sind. Véronique hatte zu viele Diskotheken und Liebhaber kennen gelernt. Eine solche Lebensweise lässt das menschliche Wesen verarmen, sie fügt ihm Schaden zu, die manchmal schwerwiegend und stets irreparabel sind. Die Liebe als Unschuld und Fähigkeit zur Illusion, als Gabe, die Gesamtheit des anderen Geschlechts auf ein einziges geliebtes Wesen zu beziehen, widersteht selten einem Jahr sexueller Herumtreiberei, niemals aber zwei. In Wirklichkeit zerrütten und zerstören die zahllosen, während der Zeit des Heranwachsens angehäuften sexuellen Erfahrungen jede Möglichkeit gefühlsmäßiger, romantischer Projektion. Nach und nach, tatsächlich aber sehr rasch, wird man so liebesfähig wie ein altes Wischtuch. Man führt dann unvermeidlich ein Wischtuchleben; mit fortschreitendem Alter wird man weniger verführerisch und in der Folge verbittert. Man ist eifersüchtig auf die Jungen und hasst sie daher. Dieser Hass, der uneingestanden bleiben muss, wird bösartig und immer brennender; schließlich mildert er sich und verlöscht. Es bleiben nur noch Verbitterung und Ekel, Krankheit und Warten auf den Tod."

"Ich verfiel langsam auf den Gedanken, dass all diese Leute, Männer wie Frauen, überhaupt nicht gestört waren; sie litten bloß unter einem Mangel an Liebe. Ihre Gesten, ihr Verhalten, ihre Mimik zeugten von einem herzzerreißenden Durst nach körperlicher Berührung und Zärtlichkeit; aber das war natürlich nicht möglich."

[Aus Michel Houellebecq, "Ausweitung der Kampfzone" (Originalausgabe 1994)]
Einige Zitate seiner Romane befinden sich auch im Lexikon der dunklen Zitate: Michel Houellebecq oder man kann in der Analyse seiner Werke nachschauen: Warum können wir bloß nie, nie geliebt werden?

Love burns

Der Film "9 Songs" ging an mir vorbei. Man berührte in jener Realität vieles, drang in Sämtliches ein, spielte mit den angeblichen Tabus, wie Selbstbefriedigung der Frau vor der Kamera. Der Regisseur zeigte aber "nur" den puren Geschlechtstrieb ohne jegliche Tiefe. Sex, Drugs & Rock n’ Roll im wahrsten Sinne des Wortes, die für mich ohne Sinnlichkeit nicht attraktiv waren.

Diejenigen 9 Songs im Film waren aber gut.
"Jedoch dient die Musik hier nur als atmosphärisches Begleitgeräusch für ein weitaus attraktiveres Thema – Sex! Sex in allen Spielarten praktizieren unter vollem Körpereinsatz die Schauspieler Kieran O’Brien und Margot Stilley – nicht, um pornographische Gelüste zu befriedigen, sondern um Michael Winterbottoms Wunsch zu erfüllen, eine Verliebtheit, eine körperliche Versessenheit aus nächster Nähe emotional miterlebbar zu machen. Auch wenn die Grenze zur Pornographie dabei aufgehoben scheint, der Blick von Winterbottom ist der weitaus Zärtlichere und Realistischere.(...)"
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"Das, was andere andeuten oder weglassen, wollte Winterbottom zeigen. Angeregt durch den Roman des französischen Schriftstellers Michel Houllebecque "Plattform". Mit einem minmalen Aufwand an Drehzeit und Kosten - 8 Tage, 160.000 Dollar - realisierte er den Film "Nine songs".

Eingebettet in neun verschiedene Songs, lieben sich der Klimaforscher Matt und die amerikanische Studentin Lisa. Sie tun es im Bett, mit und ohne Drogen, auf dem Küchentisch, in der Badewanne, und sie tun es wirklich. Cunnilingus, Fellatio, Ejakulation - alles echt, auch das Stöhnen. Das Echtheitszertifikat gestehen wir Winterbottom zu, aber hat er mit dem Film eine Antwort auf seine Frage geben können "Was soll schlecht daran sein, Sex zu zeigen?" Bedingt.(...)" weiter lesen
Das ist eins der Lieder aus dem Film:

Black Rebel Motorcycle Club “Love burns”