"Auch Nichtraucher müssen sterben", meinte der am 16. September vor 100 Jahren geborene österreichisch-jüdische Schriftsteller, Kritiker, Publizist und Journalist Friedrich Torberg (1908-1979).
Zu seinem Geburtstag widmet das Jüdische Museum Wien die Ausstellung "FRIEDRICH TORBERG Die “Gefahren der Vielseitigkeit”", die bis zum 01. Februar 2009 im Palais Eskeles zu sehen sein wird. 2008 erschien auch die umfangreiche Biographie des Schriftstellers, verfasst von David Axmann.
""Auf dem Papier war er ein böser Mensch, in Fleisch und Blut ein lieber“ - schreibt Günther Nenning in seinem Nachruf auf Friedrich Torberg. So gespalten sind bis heute die Meinungen über das Multitalent Friedrich Torberg - umjubelter Autor, gefürchteter Kritiker, begeisterter Kaffeehausbesucher und enthusiastischer Wasserballspieler. (...)"weiter lesen
FAZ: Fragen Sie Reich-Ranicki: Friedrich Torberg - Ein Querkopf mit Esprit
"Friedrich Torberg, der 1908 in Wien geboren wurde und 1979 in Wien gestorben ist, hat ein halbes Jahrhundert als Einzelgänger demonstriert, was ihm oft verübelt wurde: Unabhängigkeit. Er war immer ein engagierter Schriftsteller, der allen Ideologien mißtraute, einer, der mit Leidenschaft und Humor für Gerechtigkeit und Meinungsfreiheit kämpfte.
In seiner großen Zeit war er eine Wiener Institution, ein österreichisches Wunder und ein deutsches Ärgernis. Denn ihm gelang es, Unvereinbares zu vereinen: Er war ein Querkopf mit Esprit, ein gutmütiger Eiferer, ein witziger Fanatiker, ein Humorist mit missionarischen Tönen.(...)" weiter lesen
Besprechung von Michael Wuliger aus Jüdische Allgemeine:Mehr als nur die "Tante Jolesch"
Friedrich Torberg als jüdischer Schriftsteller"(...) Ein äußerst produktiver Schriftsteller also war Torberg. Ein äußerst produktiver jüdischer Schriftsteller. Das „jüdisch“ muß unterstrichen werden. Für Torberg nämlich war, anders als für viele andere jüdische Autoren seiner Generation, das Jüdische nicht bloß ein Zufall der Geburt. Es prägte ihn und sein Werk. Zwar war er nicht religiös, sondern stand, wie er es einmal formulierte „zum lieben Gott bestenfalls in einem Verhältnis wohlwollender Neutralität“. Aber das tat seinem bewußten Judentum keinen Abbruch: „Ich gehöre weder zu jenen Juden, die erst den Hitler gebraucht haben, um dahinter zu kommen, daß sie es sind, noch auch zu jenen, die es sich von Hitler ‘nicht vorschreiben’ ließen.“
Geprägt wurde diese Haltung weniger in seinem assimilierten Elternhaus, als vor allem in der jüdischen Sportbewegung. Der junge Friedrich war aktives Mitglied des berühmten Wiener Sportclubs "Hakoa", wo er zu den Stars der Wasserballmannschaft gehörte. Ruppiges Spiel gehörte zu deren Markenzeichen: „Wir wollten die antisemitische Lüge von der körperlichen Minderwertigkeit und Feigheit der Juden entlarven. Dieser Beweis ist uns überzeugend gelungen“, erinnerte er sich später.
Torbergs jüdischer Stolz durchzieht so gut wie sein gesamtes Werk. Zwei besonders explizite Beispiele seien hier zitiert. In seinem Roman "Hier bin ich, mein Vater" erzählt er die Geschichte des Juden Otto Maier, der zum Nazispitzel wird, um seinen im KZ inhaftierten Vater zu befreien. Für Torberg ist Maiers Verhalten auch ein Ergebnis von dessen Assimilationismus: „Immer und seit je ist es mir doch nur darum gegangen, von den andern, die keine Juden waren, so behandelt zu werden, als ob auch ich keiner wäre; so behandelt zu werden, wie ein normaler Mensch“, läßt er Maier sagen. „Nämlich: wie ein nach ihren Begriffen normaler Mensch. Das war der kleine Denkfehler, der mir dabei unterlief: daß ich mich immer nach ihren Begriffen gerichtet habe. Es ist mir nie der Gedanke gekommen, daß mit diesen ihren Begriffen etwas nicht stimmen könnte. Ich habe mein Judentum immer als Defekt akzeptiert, und die es mich fühlen ließen, immer als Ankläger. Ich habe nie zu vermuten gewagt, daß da vielleicht die Ankläger selbst an einem Defekt litten.“
Diesen „Defekt“ diagnostizierte Torberg auch am Nachkriegsphilosemitismus, den er - damals durchaus ein Skandalon - in seinem Essay "Das philosemitische Mißverständnis" als Antisemitismus mit umgekehrtem Vorzeichen bezeichnete, der „den Juden als Deutschen, als Menschen, sogar als Christen (akzeptiert) - als alles, nur nicht als Juden“. In diesem Sinn verriß Torberg auch 1961 Max Frischs in Zürich uraufgeführes Stück "Andorra". Er rieb sich vor allem an Frischs Versuch, den Antisemitismus universalistisch abstrahierend nur als eine spezifische Erscheinungsform des allgemein-menschlichen Vorurteils zu begreifen: „Hier wurzelt das fundamentale Mißverständnis des Stücks. Jude, Judesein, Judentum sind keine austauschbaren Objekte beliebiger Vorurteile, wie ja auch der Antisemitismus kein beliebiges Vorurteil ist. So billig geben’s weder die Juden noch die Antisemiten.“(...)"weiter lesen
Einige interessante Artikel über sein Leben und Werk sind auch hier zu finden (via seanne.at) :
welt online: Soll man heute noch Torberg lesen?
FAZ: Le tummelplatz, c’est moi!
Wiener Zeitung: So vielseitig wie begabt
Rezension zum Buch: "Schreib. Nein, schreib nicht. Marlene Dietrich /Friedrich Torberg - Briefwechsel 1946-1979"
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