11. Juni 2009

Vladimir Vertlib

Vladimir Vertlib wurde 1966 in Leningrad geboren.

Eine Rezension zum Buch von Vladimir Vertlib "Spiegel im fremden Wort. Die Erfindung des Lebens als Literatur". [Das Buch auf amazon]


"(...) Während er seine Beziehung zum Russischen als „eine unerwiderte oder nur zum Teil erwiderte Liebesbeziehung“ beschreibt, betrachtet er seinen Umgang mit der deutschen Literatursprache als „Ehe, die aus pragmatischen Gründen geschlossen wurde“.
Aber sind diese Voraussetzungen bereits die Grundlage für das Schreiben oder gar eine eigene Poetologie? Bei Vladimir Vertlib läuft alles darauf hinaus. Anders als etwa Vladimir Nabokov oder Joseph Brodsky konnte sich Vertlib die neue Sprache nicht aussuchen, in die er emigrierte; sie hat etwas Selbstverständliches für ihn. „Die Tatsache“, schreibt er an einer Stelle in der zweiten Vorlesung, „dass ich mir meiner Sprache nie sicher sein kann, dass ich Worte und Formulierungen hinterfrage, die andere mit intuitiver Selbstverständlichkeit handhaben, sehe ich als Vorteil an.“ Auf diese Weise werde, so Vertlib, fast automatisch die Distanz hergestellt, die ein Schriftsteller so dringend nötig hat. „Ich glaube“, sagt Vertlib, „dass die Fähigkeit zur Distanz ein Signifikum von Literatur überhaupt ist.“ Mit der neuen Sprache erschreibt sich Vertlib auch die eigene, fast verschüttete jüdische Identität. Und die Stoffe hierfür zieht er vielfach aus den Geschichten seiner Familie.(...)„Gute Literatur ist, wie ich meine, engagierte Literatur“ – solche Aussagen wirken dann nicht wie ein Gemeinplatz, wenn sie einer wie der Chamisso-Preisträger Vladimir Vertlib äußert. In seiner vierten Vorlesung, die nach einem Essay „Der subversive Mut zur Naivität“ betitelt ist, spricht der Autor uns allen aus der Seele, wenn er sagt, man müsse, bevor man anfängt zu schreiben, klären, wo man steht, und sich auch eingestehen, stets involviert zu sein. Es gibt viele, zum Teil sehr kluge und schlichte Einlassungen zu diesem Thema. „Man muss sich bemühen, den eigenen Ansprüchen und Gefühlen, dem eigenen Wahn, nicht auf den Leim zu gehen, und muss sich ihnen doch gleichzeitig immer wieder aussetzen, um nicht Opfer des kühlen Hauchs der Vernunft zu werden.“ An Vertlibs Prosa und Essays läßt sich studieren, wie man mit sich selbst soweit uneins sein muß, um Literatur produzieren, und soweit eins sein sollte, um darüber gewissenhaft Auskunft geben zu können. " weiter lesen

2006 erschien sein interessanter Roman "Letzter Wunsch". [amazon]

"Gabriel Salzinger versucht den letzten Willen seines verstorbenen Vaters zu erfüllen: ein Grab auf dem jüdischen Friedhof der deutschen Kleinstadt Gigricht, neben seiner Frau. Doch das Begräbnis wird unterbrochen: eine Mitarbeiterin der Israelitischen Kultusgemeinde hat herausgefunden, dass Gabriels Vater nach orthodox jüdischem Verständnis kein Jude gewesen ist - die Großmutter mütterlicherseits war Christin - und demnach auf dem jüdischen Friedhof nicht begraben werden darf ..."Quelle

"(...) "Im Niemandsland des Übergangs leben Vertlibs Figuren in einem traurigen Glück", schreibt Jandl und zitiert aus dem Roman: "Der christliche Europäer würde nicht existieren, gäbe es den Juden nicht, und der Jude wäre kein Jude ohne den Goi. Ich selbst trage beide in mir, den Juden und den Goi. Wie in einem Labyrinth bin ich zwischen den Spiegeln gefangen. Egal in welche Richtung ich mich wende, stoße ich gegen Glas."(...)"weiter lesen

Am 27. Juli 2009 ist es wieder soweit für sein neues Buch "Am Morgen des zwölften Tages"[amazon]:

"Astrid Heisenberg und ihr Großvater haben auf sehr unterschiedliche Weise eine enge Beziehung zum Orient. Astrid hat eine Schwäche für orientalische Männer. Doch der Vater ihrer mittlerweile 19-jährigen Tochter, Khaled aus dem Irak, hat sich noch vor der Geburt des Mädchens aus dem Staub gemacht. Und auch ihre aktuelle Affäre steuert auf eine Katastrophe zu. Um sich abzulenken, beginnt Astrid, die Lebenserinnerungen ihres Großvaters aufzuschreiben. Sebastian Heisenberg war ein bekannter deutscher Orientalist. Im Zweiten Weltkrieg war er für das Reichspropagandaministerium und die deutsche Abwehr tätig und verfasste ein Buch, in dem er eine "faschistische Perspektive für die Welt des Islam" zeichnete. Vladimir Vertlib widmet sich in seinem neuen Roman den großen Themen der Gegenwart: dem Gegensatz zwischen Orient und Okzident in Religion und Kultur - und dennoch dem Verbindenden zwischen den Menschen."Quelle

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