22. April 2010

An Apollon

Das literarisch-musikalische Manifest des letzten halben Monats.

Oscar Peterson Trio "Manha de Carnaval / If" live at The Salle Pleyel Concert Hall Paris, France, October 5, 1978





* * *
Im Traum lachst du neben mir,

Du liest aus schmalen Büchern.

Nichts kann mir zarter sein, als du.

Nichts deiner lieben Lippen süßer.


So flehe ich den Traum an:
Bleib, möchte nicht aufwachen.
Bleib neben mir, trink dich dran satt -
Aus Worten meines Lachens.


Nie war das Warten auf den Brief

Solch einer Qual vergleichbar.

Zwei Wochen sind vergangen;
blass
,
Einsam wurde Himmel hier. Nur Schatten

Folgt mir treu, wie ein Gespenst,
Wenn ich im Schmerz einschlafe.
Wieso sind deine Worte fremd,
Wieso der Blick ermattet.

Nur dir gehöre ich. Das Herz
Schlägt nur für dich, du Liebe.

In deinen Armen schlaf' ich sanft,

Zu deinen Augen blickend.


Ann, 29. März 2010, früher Morgen




* * *
Dir ausgeliefert sein im Schlaf

Und wandern in Antike.

Du wärest mir der Apollon,

Ich - Daphne, schöne Nymphe.

Ann, 30. März 2010



Jakob Auer "Apollo und Daphne" (um 1688/90), Kunsthistorisches Museum Wien, Kunstkammer. Statuette. Elfenbein,
[Bild unter CC-Lizenz von
giulio (dottorpeni), Quelle]



Zur Geschichte von Apollon und Daphne:
"Als Apollon den Liebesgott Eros als schlechten Schütze verspottete, rächte sich dieser, indem er einen Liebespfeil mit einer goldenen Spitze auf ihn und einen mit bleiernen Spitze auf Daphne abschoss. Apollon verliebte sich unsterblich in Daphne, während diese, von einem genau das Gegenteil bewirkenden Pfeil Eros’ getroffen, für jene Liebschaft unempfänglich wurde. Als Apollon Daphne bedrängte, floh sie. Erschöpft von der Verfolgung Apollons flehte sie zu ihrem Vater Peneios, dass er ihre – den Apollon reizende – Gestalt wandeln möge. Daraufhin erstarrten ihre Glieder und sie verwandelte sich in einen Lorbeerbaum.
Der Lorbeer war Apollon seither heilig. Zum Gedenken an Daphne trug er einen Lorbeerkranz bzw. eine mit Lorbeer geschmückte Leier." Quelle
Doch der Verfolgende rennt, von den Fittichen Amors gefördert,
Schneller und gönnt nicht Rast, und dicht an der Fliehenden Rücken
Ist er gebeugt und behaucht im Nacken das fliegende Haupthaar.
Nun, da versagte die Kraft, erblaßte sie, und von der Mühsal
Flüchtigen Laufes erschöpft, die peneischen Wellen gewahrend,
Flehte sie: „Vater, ach hilf, wenn Macht euch Strömen gegeben!
Wandele diese Gestalt, darin zu sehr ich gefallen.“
Wie sie kaum es erfleht, faßt starrende Lähmung die Glieder,
Und mit geschmeidigem Bast umzieht sich der schwellende Busen.
Grünend erwachsen zu Laub die Haare, zu Ästen die Arme;
Festhängt, jüngst noch flink, ihr Fuß an trägem Gewurzel!
Wipfel verdeckt das Gesicht; nichts bleibt als die glänzende Schönheit.
So auch liebt sie der Gott. An den Stamm die Rechte gehalten,
Fühlt er, wie in der bergenden Rinde der Busen noch aufbebt,
Und mit den Armen die Äste, als wären es Glieder, umfangend,
Gibt er Küsse dem Holz. Doch entzieht sich das Holz auch den Küssen.
„Weil du“, sprach er sodann, „nicht mein kannst werden als Gattin,
Werde denn mein als Baum. Dich soll nun ständig die Leier,
Dich soll tragen das Haar, dich ständig der Köcher, o Lorbeer!
Latiums Führern gesellt sei du, wenn fröhliche Stimmen
Jubeln Triumph und zum Kapitol lang wallet der Festzug.
Treulicher Wächter zugleich den augustischen Pfosten in Zukunft,
Sollst du stehn vor dem Tor und inmitten die Eiche behüten.
Und wie jugendlich trägt mein Haupt frei wachsende Locken,
Halte du fort und fort die beständige Zierde des Laubes.“
Paean hatt es gesagt. Der Lorbeer nickte mit jungen
Zweigen dazu und schien wie ein Haupt zu bewegen den Wipfel.
[aus: Ovid; Werke in zwei Bänden, in der Bearbeitung von Liselot Huchthausen, Vers 540-565 © Aufbau-Verlag Berlin und Weimar 1968]

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