4. Juli 2007

Peter Hacks

Bild von Ann: Irgendwann im Sommer
Peter Hacks (1928-2003)
BEEILT EUCH, IHR STUNDEN

Beeilt euch, ihr Stunden, die Liebste will kommen.
Was trödelt, was schleppt ihr, was tut ihr euch schwer?
Herunter da, Sonne, und Abschied genommen.
Verstehst du nicht, Tag, man verlangt dich nicht mehr.

Mit seinen Droschken und Schwalben und Hunden
Wird mir das ganze Leben zum Joch.
Schluß mit Geschäften. Beeilt euch, ihr Stunden.
Und wärt ihr Sekunden, ich haßte euch noch.

Ich kann nicht erwarten, den staunenden Schimmer
In ihrem zärtlichen Auge zu sehn.
Verschwindet, ihr Stunden, am besten für immer.
Die Liebste will kommen, die Welt soll vergehn.


Sehnsucht

Nachts hör ich die Brunnen rauschen,
Wie sie rinnen in dem Gras.
Meine Ruhe muss ich tauschen.
Wenn ich wüsste, gegen was.
Zu dem Anlass meiner Leiden
Ziehts mich immer wieder hin.
Einer nur liebt von uns beiden.
Und es scheint, dass ich der bin.

Wenn ich ihn liebe, will ich ihn sehen,
Will ihm immer nahe sein.
Wenn ich ihn sehe, will ich ihn halten,
Will spüren, er ist mein.
Wenn ich ihn halte, will ich ihn küssen
Mit den Lippen allezeit.
Wenn ich ihn von Herzen küsse
Und in dem Kuss sein Herz vermisse,
Schmeck ich meine Einsamkeit.



Ohnmacht der Sprache

Wie sollte ich, dich zu benennen, wagen?
Wie mich mit Ausdrucks armem Vorrat quälen?
Ich kann dir nur mit schönen Worten sagen,
Dass mir für dich die rechten Worte fehlen.

Mein bisschen Witz ist ganz und gar entschuldigt.
Am Beispiellosen scheitert das Erprobte.
Verzeih dem Dichter, der mit Schweigen huldigt.
Er wäre minder glaubhaft, wenn er lobte.

Des Weltalls erste Stimmen enden kläglich
Vor deiner Lieblichkeit. Der Donner spricht
Zu zaghaft, und der blütenreichste nicht
Der Winde säuselt dich. Du bist nicht säglich.
Der Sonnen Lärm, das Stammeln der Galaxen
Sind deiner Schönheit Anspruch nicht gewachsen.



TAGES ARBEIT

Wie ich den Abend verbracht? Der Folge nach will ich's Dir
schildern.
Eine Stunde zunächst stellt ich im Herzen mir vor,
Ob nicht süß sein müßte und lustig, dir, Liebste, zu betten
Auf den Schenkel den Kopf. Und ich erwog es mit Fleiß.
Hiernach stellt ich mir vor, du bettetest auf den Schenkel
Mir den Kopf. Es erschien süßer der Einfall mir noch
Als der erste und lustiger. Eine weitere Stunde,
Ihn erwägend mit Fleiß, gab, eine volle, ich dran.

Aber dann befiel mich die Frage, Besinnung erheischend,
Ob wir nicht beide
zugleich liegen so könnten, mein Haupt
Dir auf dem Schenkel und mir am entsprechenden Orte das deine.
In das bedeutende Bild gründlich versetzt ich den Geist.
Und mit solch entzücktem Erwägen füllte die dritte
Ich der Stunden. All dies treulich besorgt, bin ich hier.

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